Als im Januar die Couture und dann vor wenigen Wochen die Prêt-à-porter ihre Winterkollektionen in Paris präsentierten, hatten einige unwillkommene Gäste ebenso einen Platz in der ersten Reihe ergattert: Bettwanzen.
Seit dem Herbst hatten sich in der Modehauptstadt Gerüchte über eine Plage verbreitet. Unter Touristen war eine regelrechte Hysterie ausgebrochen, selbst die Pariser zogen die Stirn kraus. In Modekreisen war der Trip zu den Schauen dieses Jahr nicht ganz so begehrt.
Doch nun folgte eine Enthüllung, fast so dramatisch wie ein unerwarteter Plottwist in einem Fin-de-Siècle-Roman. Der französische Europaminister Jean-Noël Barrot erklärte dem Sender TF1 gegenüber, es handele sich um eine russische Fake-News-Kampagne. Diese habe die Bettwanzen-Hysterie angestachelt und sogar fälschlicherweise eine Verbindung zwischen der Ankunft ukrainischer Flüchtlinge und der Ausbreitung von Bettwanzen hergestellt, die demnach von mit dem Kreml in Verbindung stehenden Konten verbreitet wurde. Ziel: Unruhe und Misstrauen gegenüber der französischen Hauptstadt zu säen, die wegen der Olympischen Spiele im Sommer einen besonderen Ansturm an Touristen erwartet.
Nur schwer zu beheben
Dort hatte man derweil anstandshalber versucht, die Hysterie in den Griff zu bekommen. Hotels ließen präventiv eine Überprüfung der Zimmer vornehmen – mit speziell trainierten Schnüffelhunden. Genauso wie einige Kinos. Sébastien Pizzocaro, der Präsident des Verbands der Experten für die Erkennung von Bettwanzen durch Hunde, versuchte im Januar zu beruhigen: Wenn bei der Suche durch die Spürhunde Bettwanzen gefunden würden, könnten sie mit einer Dampfbehandlung entfernt werden.
Bleibt abzuwarten, ob sich die Hysterie um die unerwünschten Krabbeltiere nun tatsächlich legt. Immerhin war das Problem, bevor es von Russland zur Plage aufgebauscht wurde und Panik auslöste, durchaus bekannt. Zwischen 2017 und 2022 waren laut der Gesundheitsbehörde Anses geschätzte elf Prozent aller französischen Haushalte von Bettwanzen betroffen. Selbst von Luxushotels hört man unter vorgehaltener Hand, dass es sich bei den Wanzen um ein grundsätzliches Problem handele, das sich nur schwer lösen lasse.
Letztlich bedient die Bettwanzenkampagne natürlich auch ein altes Klischee über französische Hygienegewohnheiten. Schon Sonnenkönig Ludwig XIV. soll eine ganz eigene Beziehung zum Wasser gehabt haben. Die hygienischen Praktiken seiner Zeit waren, gelinde gesagt, alles andere als heutiger Standard. Bäder waren rar, da man glaubte, dass Wasser die Poren öffnet und Krankheiten den Weg in den Körper ebnet. Die Lösung? Parfüm, viel davon. Es wurde verströmt, gesprüht und gedröppelt, um den Mangel an Wasser zu überspielen und die aristokratischen Nasen zu erfreuen.
Eine schöne Vorstellung, dass ein Hauch von Chanel N°5 die Viecher endlich vertreibt. Wahrscheinlicher ist: Semper aliquid haeret – Etwas bleibt immer hängen. Andererseits ist es vielleicht diese beständige, etwas klebrige Wahrheit, die Paris – trotz der dreistesten Fake-News – seinen unwiderstehlichen Charme verleiht.