Und, in welcher Ära stecken Sie gerade? Diese Frage sollte sich jeder stellen, der im kommenden Jahr eines der 30-Europa-Konzerte von Taylor Swifts „Eras“-Tour besuchen wird. Jede „Era“ steht repräsentativ für eines der zehn Alben von Taylor Swift und dokumentiert sozusagen je einen Lebensabschnitt der Sängerin – und damit irgendwie auch die Lebensabschnitte einer ganzen Generation Frauen.
Denn ihre (hauptsächlich weiblichen Fans) beten Taylor Swift mit einer solchen Hingabe an und identifizieren sich so sehr mit den emotionalen Turbulenzen ihres Lebens, dass sie die 33-Jährige zur reichsten Musikerin der Welt gemacht haben. Swift gilt als erste Künstlerin, die sich hauptsächlich mit ihrer Musik zur Milliardärin hochgearbeitet hat, der USA-Abschnitt ihrer „Eras“-Tour allein soll der amerikanischen Wirtschaft fünf Milliarden US-Dollar eingebracht haben. Einen solchen Boom erwartet man auch für die Europa-Tour im kommenden Jahr. Die sieben Deutschlandkonzerte sind längst ausverkauft, wer höhere Preise in Kauf nimmt, hat eventuell auf dem Wiederverkaufsmarkt Glück. Ein Wahnsinn, der sich mit Liebe zur Musik allein wohl nicht erklären lässt. Die Antworten auf die folgenden sieben Fragen aber sollten dabei helfen.
1. Ist ein Taylor-Swift-Konzert wirklich so ein denkwürdiges Ereignis?
Es ist auf jeden Fall ein sehr langes Ereignis. Dreieinhalb Stunden dauert die Performance, gesungen werden 44 Songs aus zehn Taylor-Swift-Alben, und währenddessen wechselt sie zwischen circa 13 bis 16 verschiedenen Outfits, darunter glitzernde Bodysuits von Atelier Versace und Kleider von Oscar de la Renta. Doch tatsächlich dürften sich sogar Menschen, die schon auf einem Taylor Swift-Konzert waren, diese Frage erneut stellen: Mehrere „Swifties“, wie sich die Jünger des Popstar-Kults auch nennen, haben auf Social-Media-Plattformen von einer „Post-Konzert-Amnesie“ berichtet. Sie könnten sich nur noch vage, gar nicht oder nur an spezielle Momente ihres Konzertbesuchs erinnern.
Verständlicherweise hat dieses kollektive Vergessen eines Events, für das Menschen in manchen Fällen mehrere 1000 Dollar ausgegeben und mehrere Stunden rumgestanden haben, einen weiteren Effekt ausgelöst: Eine Post-„Era“-Tour-Depression, die nur durch den exzessiven Konsum von Videos und Fotos vom Konzertbesuch durchgestanden werden kann. Oder durch den Konzertfilm „Taylor Swift: The Eras Tour“. Der läuft seit Oktober auch in Deutschland und ist schon jetzt der umsatzstärkste Konzertfilm aller Zeiten.
2. Woran erkennt man „Swifties“?
Als allererstes an den Freundschaftsbändchen am Handgelenk. Diese sind inspiriert von einer Zeile aus dem Song „Midnight“ aus dem vergangenen Jahr. Sie bestehen aus vielen bunten Perlen und Buchstaben, die zum Beispiel die Namen von Swifts Katzen buchstabieren, und sollten idealerweise à la Wolfgang Petry übereinander getragen werden. Schließlich muss man sich vor jedem Konzertbesuch darauf einstellen, dass man einige wieder loswird: Fans tauschen ihre Freundschaftsbändchen liebend gern untereinander aus. Die perfekten Begleiter dazu sind Cowboy-Stiefel, alles, was glitzert, und Outfits, die von einer „Ära“ inspiriert sind. Detaillierte Modeanalysen gibt es auf eigens kreierten Websites wie taylorswiftstyle.com, auf der sogar die jeweiligen Gitarrenmodelle aufgeführt sind.
3. Wo treffen sich „Swifties“?
Vor allem auf TikTok, aber ab Oktober 2024 auch auf einem Schiff. Die erste Kreuzfahrt mit Taylor-Swift-Motto wurde von drei Mitarbeiterinnen eines Reisebüros organisiert und soll von Miami aus auf die Bahamas segeln. Wobei das Ziel irgendwie egal ist, wenn man die Zeit an Bord in einem durchgängig geöffneten Taylor-Swift-Freizeitpark verbringen kann.
4. Worum geht es in ihren Songs?
Um Trennungen, Ex-Freunde, Herzschmerz, aber auch um Kanye West, der sie 2009 während einer Dankesrede auf den „MTV Video Music Awards“ vor dem gesamten Publikum unterbrach und polterte, Beyoncé habe den Preis für das beste Musikvideo verdient. Swifties analysieren jeden Song bis ins kleinste Detail, weil sie davon überzeugt sind, dass die Sängerin mit bestimmten Worten, Sätzen und Zahlen Hinweise auf Entwicklungen in ihrem Leben gibt oder wichtige Ankündigungen macht.
Eines der größten Mysterien ist die Geschichte um einen Schal, der in dem Song „All too well“ aus dem Jahr 2012 vorkommt. Swift singt darin über eine kurze aber leidenschaftliche Beziehung zu einem Mann, der immer noch einen Schal von ihr besitze. Für Fans steht fest, dass es sich bei dem Mann um den Schauspieler Jake Gyllenhaal handeln soll, mit dem Swift 2010 für ein paar Monate ausging. Was mit dem Schal geschehen ist, darüber wird bis heute gerätselt.
5. Hat Taylor Swift aktuell einen Freund?
Ja, und inzwischen haben gemeinsame öffentliche Auftritte, Küsschen- und Umarmungsszenen die Beziehung endlich bestätigt. Im vergangenen Juli ging es los: Travis Kelce, Footballspieler für die Chiefs aus Kansas City, wurde bei einem Taylor-Swift-Konzert in eben jener Stadt gesehen. Er habe ihr an dem Abend ein Freundschaftsbändchen geben wollen, sei aber nicht an sie herangekommen, erzählte er später in seinem Podcast „New Heights“. Da wurde schon heftig über die beiden spekuliert, bis Swift im September und Oktober gleich drei Spielen der Chiefs beiwohnte.
Und wo Swift hingeht, da schauen ihre Fans hin: Die „National Football League“ (NFL), die immer mehr Spiele in Deutschland veranstaltet und hierzulande expandieren will, dürfte noch nie so viele Frauen interessiert haben wie jetzt. Travis Kelce ist nun auf dem Cover des „Wall Street Journal“ zu sehen. Wichtigstes Thema des Interviews? Natürlich seine Beziehung mit Taylor Swift.
6. Wer gehört zu ihrer „Squad“?
Kaum ein Popstar ist so bekannt für seine Mädchenclique wie Taylor Swift. Zu ihrer „Squad“ (auf Deutsch „Mannschaft“), wie diese genannt wird, gehören unter anderem das Model Gigi Hadid, die Sängerin Selena Gomez, und die Schauspielerinnen Lena Dunham und Emma Stone. Im Jahr 2015 machte sie ihre Freundschaften sogar zum Thema des Videoclips zum Song „Bad Blood“ und ein unter Fans viel diskutiertes Drama hat nichts mit einem Mann zu tun, sondern mit einer Ex-Freundin, dem Supermodel Karlie Kloss, das früher in Swifts New Yorker Wohnung sogar ein eigenes Gästezimmer hatte.
Warum die Freundschaft genau zerbrach, wurde nie offiziell erklärt, doch so schlimm kann es nicht mehr sein: Kloss wurde im vergangenen August auf einem Taylor-Swift-Konzert in Los Angeles gesichtet. Egal, wie kompliziert es mit Frauen oder Männern wird, auf Swift wartet immer noch genug Liebe. Nämlich die ihrer drei Katzen Meredith Grey, Olivia Benson und Benjamin Button.
7. Wie bekomme ich garantiert alles mit?
Um auch ja nicht die winzigste Entwicklung im Swift-Kosmos zu verpassen, liest man ab sofort jeden Satz, den der Journalist Bryan West schreibt. Der Amerikaner wurde vom Medienkonzern Gannett, der größten Zeitungskette der USA, zu der die Plattform „USA Today“ sowie Lokalzeitungen wie die „Detroit Free Press“ gehören, zum designierten Taylor-Swift-Reporter ernannt. Der 33-Jährige bezeichnet sich selbst als Fan und ist trotzdem fest davon überzeugt, dass er objektiv über den Popstar berichten kann.
Dass ihm sein besonderer Titel exklusiven Zugang zu Swift, die er immerhin einmal getroffen hat, verschaffen kann, ist eher unwahrscheinlich: Taylor Swift gibt so gut wie keine Interviews, das letzte größere Porträt erschien im Jahr 2019. Bei um die 470 Millionen Followern über alle Kanäle hinweg ergibt es für sie mehr Sinn, direkt mit ihren Fans zu kommunizieren. Auch West ist letztlich nur ein Teil ihres Publikums.