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  4. Fünfter Beatle wurde er genannt: Klaus Voormann im Interview

Partnerschaft Klaus Voormann

„Paul McCartney auf dem Klo – fand ich komisch. Er selbst auch“

Redakteur Titelthema Welt am Sonntag
Die von Klaus Voormann gestaltete Hülle des Beatles-Albums „Revolver“ (im Hintergrund) gilt als eines der besten Cover-Artworks aller Zeiten, 1967 wurde er dafür mit einem Grammy ausgezeichnet Die von Klaus Voormann gestaltete Hülle des Beatles-Albums „Revolver“ (im Hintergrund) gilt als eines der besten Cover-Artworks aller Zeiten, 1967 wurde er dafür mit einem Grammy ausgezeichnet
Die von Klaus Voormann gestaltete Hülle des Beatles-Albums „Revolver“ gilt als eines der besten Cover-Artworks aller Zeiten, 1967 wurde er dafür mit einem Grammy ausgezeichnet
Quelle: m.voormann
Er galt als der fünfte Beatle. Der deutsche Grafikdesigner und Musiker Klaus Voormann hat das legendäre Cover des Albums „Revolver“ gestaltet, das jetzt neu erscheint. Ein Gespräch darüber, warum die Geschichte der Beatles nie endet.

Der 84-Jährige ist in diesen Tagen ein gefragter Gesprächspartner. Als wir Klaus Voormann in seinem Haus am Starnberger See am Telefon erreichen, spricht er bereits auf einer anderen Leitung mit der BBC. Da ist bei der Interviewplanung wohl etwas durcheinandergegangen. Als Freund und Weggefährte der Beatles, als Zeitzeuge der beispiellosen kreativen Explosion der späten Sechziger, muss er, der Deutsche, den Engländern gerade die zeitlose Klasse der Beatles erklären. Ob wir vielleicht später noch mal anrufen könnten, fragt Voormann höflich. Machen wir.

Der Grafikdesigner hatte sich 1960 mit den Beatles angefreundet, als sie in Hamburg spielten und noch unbekannt waren. Später lebte er zeitweise mit George Harrison und Ringo Starr in London. 1966 baten ihn die Fab Four, das Cover ihres neuen Albums zu gestalten. Die Songs klangen experimenteller und vielschichtiger, wurden um Sitarklänge und rückwärts abgespielte Gitarrenläufe erweitert. Für die Beatles war es eine Wegscheide – das Album „Revolver“ machte die Könige des Pop damals zu Visionären. Ihr Freund Klaus Voormann sollte diesen Übergang auf dem Cover visualisieren. Der Deutsche skizzierte die Musikerköpfe mit schwarz-weißen Strichzeichnungen, ließ ihre Haare als verbindendes Element über das Bild wuchern, klebte viele kleine Fotos der Musiker in diese Haarlandschaft. Jetzt ist das Werk mit neu abgemischten Songs, unveröffentlichten Demos und zahlreichen Alternativversionen von Klassikern wie „Yellow Submarine“ oder „Got To Get You Into My Life“ als Spezial-Edition neu erschienen. In einem Buch dazu sind unveröffentlichte Fotos der Aufnahmesessions zu sehen – sowie Auszüge eines von Voormann gezeichneten Comics über die Entstehung des Albums, den er bereits 2016 in dem Buch „Birth of an Icon“ veröffentlicht hatte. Als wir Voormann später erneut anrufen, nimmt sich der Mann, der als Bassist mit John Lennon, George Harrison, Eric Clapton und Bob Dylan gespielt hat, viel Zeit. In seinem ersten Entwurf, verrät er, war das „Revolver“-Cover ja noch viel wilder.

ICONIST: Als 1995 die sechs CDs umfassende Beatles-Werkschau „Anthology“ herauskam, mit Demos, Studio-Outtakes und Gesprächen während der Aufnahmen, sagte Produzent George Martin mit leichter Ironie: Jetzt sei es aber auch mal gut. Sollten die noch lebenden Beatles danach ein weiteres Mal Material aus dem Archiv veröffentlichen, müsste man sie wohl verklagen. Seitdem sind die Alben jedoch oft neu abgemischt wiederveröffentlicht worden. In den letzten Jahren jeweils in opulenten Sondereditionen. Und immer wieder werden dabei neue Bedeutungsschichten, zuvor nie Gehörtes freigelegt. Ist die Geschichte der Beatles denn nie auserzählt?

Klaus Voormann: (lacht) Ich kann mir gut vorstellen, dass es in ein paar Jahre wieder irgendeinen neuen Ansatzpunkt geben könnte, und dann geht es noch mal weiter mit den Wiederveröffentlichungen. Die Beatles sind halt Weltgeschichte. Da gibt es kein Vertun. Das ist wie mit anderen bedeutsamen Ikonen, Schauspielern oder Politikern, da wird immer versucht, noch irgendwo etwas Neues hervorzukramen. Ein altes Tagebuch, Notizen oder sonst was – und dann wird es noch mal aufgemöbelt. Mit den Beatles hört das nie auf.

ICONIST: Auf einem Ihrer frühen Cover-Entwürfe für „Revolver“ zeigten Sie Paul McCartney auf der Toilette sitzend und Manager Brian Epstein mit einem Nachttopf auf dem Kopf. Warum fielen diese Ideen durch?

Voormann: Irgendwann kam der Produzent George Martin zu mir und sagte: „Ey, Klaus, kannst du nicht diese beiden Bilder durch irgendwas anderes austauschen?“ Ich antwortete: „Klar kann ich das.“

ICONIST: Schade eigentlich.

Voormann: Fand ich ja auch. Denn ich hatte diese collagierten Bilder ja mit Absicht ausgewählt, denn ich wollte die Grenze austesten, damit sie wenigstens ein bisschen was zu reklamieren hatten. Und Paul McCartney auf dem Klo sitzend zu zeigen, wie er Zeitung liest – das fand ich komisch. Er selbst übrigens auch, er hätte dieses Bild gerne auf dem Cover gelassen. Aber man musste zu dem Zeitpunkt eben auch an die Fans der Beatles denken. Die kannten bis dahin ja nur Albencover mit großen Fotos von allen vieren. Nun war die Musik von „Revolver“ mit all den Sound-Experimenten schon extrem genug. Songs wie „Tomorrow Never Knows“ klangen sensationell anders. Mein Cover sollte das zwar visualisieren. Die Fans, die bislang nur diese eher einfachen Lieder gehört hatten, mussten also schon genug verdauen. Daher konnte ich nicht mal eben den nackten Arsch von John Lennon aufs Cover malen. Das hätte das Publikum damals nicht akzeptiert, die Presse hätte die Band zerrissen oder was weiß ich, was sonst noch passiert wäre. Da musste ich auf dem Teppich bleiben.

ICONIST: Im Grunde hatten Sie die Idee von Frank Zappas später veröffentlichtem ikonischen Foto vorweggenommen, das ihn auf der Toilette zeigte.

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Voormann: Ja, nur konnte sich Frank Zappa so was auch leisten, außerdem war dieses Foto etwas später erschienen.

ICONIST: Die Entstehungsgeschichte des Album-Covers haben Sie in einem Schwarz-Weiß-Comic nachgezeichnet. Darin ist eine Szene zu sehen, wie Sie zu den Beatles ins Studio kommen und sich gegenseitig ins Wort fallen, weil jeder Ihnen seinen Lieblingssong als Erster vorspielen möchte. Sie wirken wie eine Rasselbande aus einem Kinderbuch.

Voormann: Rasselbande trifft es ganz gut, genau so waren sie damals. Man muss sich nur ihre frühen Interviews anhören, als sie erstmals in Amerika auftraten – sie waren frech, frei von der Leber weg, Zoten reißend. So waren sie auch mir gegenüber, als sie mit mir über ihre Vorstellungen von dem Cover sprachen und mir deshalb erst mal die Songs vorspielen wollten: „Spiel ihm diesen Song, nein, spiel ihm lieber jenen Song vor.“ Bis schließlich George Martin sagte: „Wir spielen ihm jetzt einfach alles vor.“

ICONIST: Nur mal angenommen, es wäre möglich, Sie könnten heute noch mal neue Songs der Beatles hören, noch dazu in deren Anwesenheit, Sie müssten vorher vermutlich zig Verschwiegenheitsverträge unterzeichnen, oder?

Voormann: Das ist richtig. Damals hatte das alles noch etwas Unschuldiges. Als ich die ersten Skizzen fertig hatte, hätte man vielleicht meinen können, ich müsste sie vor all den Entscheidern der Plattenfirma und der Musikverlage in einer großen Präsentation vorstellen. Das war damals alles nicht nötig. Null. Als die Beatles über den Entwurf entschieden haben, war nicht mal George Martin dabei – da waren nur die Jungs und ich.

„Spiel ihm diesen Song, nein, spiel ihm lieber jenen Song vor“ - Die Beatles in den Abbey-Road-Studios, 1966
„Spiel ihm diesen Song, nein, spiel ihm lieber jenen Song vor“ - Die Beatles in den Abbey-Road-Studios, 1966
Quelle: Apple Corps Ltd

ICONIST: Sie schildern, wie Sie den ersten Entwurf des Covers zusammenfalteten, in eine Tasche stopften und ihn den Beatles dann auf einem Tisch in der Kantine des Studios ausbreiteten …

Voormann: Auf dem George Harrison erst mal all die Tassen wegschieben musste, einige wären fast auf den Boden gefallen. (lacht) Normalerweise hätte ich das ja auf einer großen Pappe aufziehen müssen, damit es schön aussieht. Stattdessen kam ich mit einem großen Stück Papier mit ein paar Kritzeleien darauf. War schon extrem.

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ICONIST: Besitzen Sie die Originalskizzen noch?

Voormann: Nein, dummerweise habe ich später alles in den Papierkorb geworfen. Alle Skizzen sind verloren, leider Gottes.

ICONIST: Wissen Sie noch, wie hoch Ihr Honorar für das Cover war?

Voormann: Ja, 40 Pfund. Für das fertige Cover.

ICONIST: Und wenn das Album immer wieder veröffentlicht wird, sind Sie daran in irgendeiner Weise beteiligt?

Voormann: Sollte man denken. Ist aber nicht der Fall. Das ist nicht sehr schön.

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ICONIST: Die Geschichte, wie Sie die noch unbekannten Beatles Anfang der Sechziger in Hamburg kennenlernten, haben Sie oft erzählt. Als deren ursprünglicher Bassist Stuart Sutcliffe die Band verließ, kauften Sie sein Instrument. Als zu dem Zeitpunkt noch nicht klar war, dass McCartney von der Gitarre an den Bass wechseln würde, fragten Sie John Lennon, ob Sie das nicht machen könnten. Mal ehrlich, wie ernst war Ihnen das damals?

Voormann: Als ich John fragte, war auch ein bisschen Quatsch dabei, wie es eben passiert, wenn man so daherredet. Wir saßen frühmorgens irgendwo auf so einem Holzstapel. Ich würde mal sagen, dass wir alle ziemlich high waren. Und in dem Moment habe ich ihm gesagt: „Ey, ich könnte doch mal bei euch Bass spielen.“ Dann wurde John etwas ernster und antwortete: „Ey Klaus, das geht nicht, denn Paul hat sich schon einen Bass gekauft, er wird künftig bei uns Bass spielen.“ Das Gespräch hatte sich so beiläufig ergeben. Ich hatte nie ernsthaft vorgehabt, bei den Beatles Bass zu spielen. Davon mal abgesehen, hätte ich zu der Zeit auch noch gar nicht Rock ’n’ Roll spielen können. Damals war ich vor allem Grafiker. Ich fand einfach nur diese Band toll, hab mir die Beatles jeden Abend angeschaut. Ich konnte gar nicht genug kriegen von dem, was die auf der Bühne machten. Und manchmal saß ich am Bühnenrand, hab dann spät nachts, einfach aus Quatsch, ein paar Mal den Bass gespielt. Ohne irgendwelche Hintergedanken. Man darf nicht vergessen: Zu der Zeit waren die Beatles völlig unbekannt. Das war halt irgendeine Tanzband. Und deshalb dachte ich: „Na ja, in so einer Tanzband könnte ich ja auch mal mitspielen.“ Im Nachhinein wirkt das dann immer so, als hätte es die Möglichkeit gegeben, dass Klaus Voormann bei den weltberühmten Beatles hätte einsteigen können. So war es ja nicht.

ICONIST: Von 1969 an spielten Sie dann aber als Bassist mit John Lennon, Yoko Ono, Eric Clapton und anderen in der Plastic Ono Band.

Voormann: Ja, das war schon erstaunlich. John sagte damals: „Du, ich will auf Tour gehen, wir gründen ’ne Band.“ Ich hab das zunächst nicht so ganz für voll genommen, dachte: Mal sehen, was daraus wird. Das war aber nicht so eine typische Band, wie es die Beatles oder die Rolling Stones waren.

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ICONIST: Es gab wechselnde Besetzungen, beim ersten Auftritt in Toronto war Yoko Ono oft in einen weißen Sack gehüllt.

Voormann: Ja, sagen wir so: Es war eine ganz andere Art, das Thema Band anzugehen.

ICONIST: Vor 13 Jahren erschien Ihr erstes Solo-Album überhaupt, es hieß „A Sideman’s Journey“, Paul McCartney und Ringo Starr spielten als Gäste darauf. Für jemanden, der mit John Lennon, George Harrison, Bob Dylan, B.B. King oder Manfred Mann gespielt hat, der später Trio, Marius Müller-Westernhagen, Nena produzierte und immer wieder Cover entwarf von den Bee Gees bis zu Liam Gallagher, ist „Sideman“ eine sehr bescheidene Jobbeschreibung. Waren Sie nicht die ganze Zeit immer mittendrin und viel mehr als nur ein Gast- oder Begleitmusiker, der an der Seite stand?

Voormann: Na ja, auch wenn man mittendrin ist, kann man trotzdem ein „Sideman“ sein. Wenn Künstler ins Studio kamen, hatten sie ihre Lieder meistens bereits fertig. Ich hatte sie ja nicht geschrieben, ich singe auch nicht. Ich war wirklich nur so eine Art Zusatz. Ich war jemand, der zu den 90 Prozent, die die jeweiligen Künstler einbrachten, noch etwas beisteuerte, darauf in gewisser Weise Einfluss nahm. So nach dem Motto: „Den Mittelteil könnten wir doch ganz anders spielen.“ Natürlich war ich dabei irgendwie mittendrin. Aber im Grunde bin ich ein Handwerker. Ist nun mal so.

Zur Person:

Klaus Voormann, Grafiker und Musiker
Klaus Voormann, Grafiker und Musiker
Quelle: Universal Music/Apple Corps Lt

Bei dem „Konzert für Bangladesch“ stand er 1971 als Bassist mit Ringo Starr, George Harrison, Bob Dylan und Eric Clapton in New York auf der Bühne, um Geld für die Flüchtlinge des Bangladesch-Kriegs einzuspielen. Es war nur einer von vielen Höhepunkten im Leben von Klaus Voormann, der am 29. April 1938 in Berlin geboren wurde. Während seines Studiums in Hamburg freundete sich der Grafikdesigner Anfang der 60er mit den Beatles an, als sie dort in den Clubs auftraten. Ab 1966 spielte er Bass bei Manfred Mann, später auch auf Solo-Alben von John Lennon, Ringo Starr oder George Harrison. In den 80ern produzierte er mit „Da Da Da“ den größten Hit von Trio. Das Beatles-Album „Revolver“ (Universal) ist jetzt in unterschiedlichen LP- und CD-Special Editions neu erschienen.

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