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Zweiter Weltkrieg ZDF-Serie „Das Boot“

Das ist die wahre Geschichte von U-612

U-612 spielt die Hauptrolle in dem Remake „Das Boot“, die jetzt im Free-TV läuft. Tatsächlich gab es ein U-Boot vom Typ VII C mit dieser Nummer. Es kämpfte nie im Atlantik. Gestorben wurde trotzdem.
Leitender Redakteur Geschichte

In La Rochelle ist U-612 nie gewesen – jedenfalls nicht das echte U-Boot mit dieser Nummer. Anders als jenes, das die Hauptrolle in der achtteiligen Serie spielt, die im November 2018 als Hochglanz-TV-Remake von Wolfgang Petersens Kriegsfilm „Das Boot“ (1981) die Gemüter erregte. Zumindest die jener Zuschauer, die über ein Abonnement des Bezahlsenders Sky verfügen.

Die beiden Hauptfiguren in der ZDF-Serie "Das Boot": der erfahrene Erste Offizier (l.) und der unerfahrene Kommandant
Die beiden Hauptfiguren in der ZDF-Serie "Das Boot": der erfahrene Erste Offizier (l.) und der unerfahrene Kommandant
Quelle: ZDF und Nik Konietzny

Am 3. Januar 2020 können sich auch alle anderen Zuschauer ein Bild vom Kämpfen und Sterben im U-Boot-Krieg machen. Dann startet das ZDF die Free-TV-Ausstrahlung der deutsch-amerikanischen Co-Produktion „Das Boot“, bei der Andreas Prochaska Regie führte und an deren Fortsetzung bereits gearbeitet wird.

Im Gegensatz zu der Romanvorlage von Lothar-Günther Buchheim, der seine Erinnerungen als Kriegsberichterstatter stark verfremdete, vermittelt Prochaska eine Authentizität, die keine ist. Denn ein U-Boot vom Typ VII C mit der Ordnungsnummer U-612 hat es zwar gegeben. Aber auf Feindfahrt ging es nicht. Und daher konnte es auch der natürlich gleichfalls fiktive Kapitänleutnant Klaus Hoffmann nicht im Herbst 1942 im wichtigen Stützpunkt der deutschen Kriegsmarine an der französischen Atlantikküste übernehmen.

Das echte U-612 war am 15. August 1940 von der Marineleitung in Auftrag gegeben worden – als die Luftschlacht um England tobte und die deutsche Admiralität noch erwartete, in Kürze eigene Truppen über den Ärmelkanal zu setzen. Doch die zuständige Bauwerft, Blohm & Voss in Hamburg, war ausgelastet. So legten die Arbeiter den Kiel des Bootes erst acht Monate später, am 21. April 1941. Zu dieser Zeit war bereits klar, dass es keine Invasion Großbritanniens mehr geben würde.

Umso wichtiger wurde für die Wehrmachtsführung, mittels einer effektiven Seeblockade um die britischen Inseln, den zu jener Zeit einzig verbliebenen nennenswerten Gegner Hitlerdeutschlands, vom Nachschub aus Übersee abzuschnüren. Das war im Zweiten Weltkrieg die zentrale Aufgabe der deutschen U-Boote.

Ein deutsches U-Boot des Typ-VIIC auf Überwasserfahrt
Ein deutsches U-Boot des Typ-VIIC auf Überwasserfahrt
Quelle: Wikimedia / Public Domain

Nach knapp neun Monaten Bauzeit war U-612 bereit für den Stapellauf. Der fand am 9. Januar 1942 statt. Inzwischen war Großbritannien einschließlich des Commonwealths nicht mehr der einzige Kriegsgegner des nationalsozialistischen Deutschlands. Vielmehr bildeten nun die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten von Amerika die Anti-Hitler-Koalition – drei Staaten, von denen jeder einzelne nach Fläche, Bevölkerungszahl und industrieller Leistungskraft größer als das Dritte Reich war.

An diesem Freitag betrug die Durchschnittstemperatur in Hamburg fünf Grad minus, der Himmel war stark bewölkt, weshalb es an diesem Tag keine Bombenangriffe der Royal Air Force auf Deutschland gab. Im Verlauf des Tages klarte es auf. Zwei Monate später war das neue Boot vollständig ausgerüstet und wurde in Dienst gestellt.

Die erste Station der meisten neuen U-Boote der Kriegsmarine war die Ostsee. Hier sollte sich die Besatzung, in der Regel gemischt aus einigen erfahrenen, oft gerade beförderten Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaftsdienstgraden sowie frisch eingezogenen Rekruten, mit der Technik vertraut machen.

Ein deutsches U-Boot Typ VII beim Auslaufen
Ein deutsches U-Boot Typ VII beim Auslaufen
Quelle: Wikimedia / Public Domain

Die Ostsee galt als sicher. Seit Ende 1941 hielten die Achsenmächte praktisch die komplette Küste mit Ausnahme von Leningrad besetzt; Schweden war neutral. Deshalb kam es hier bis ins Frühjahr 1944 nicht zu Seegefechten: Die Baltische Flotte der Sowjetmarine war durch Minensperren am Ausbruch aus dem Leningrader Hafen gehindert.

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Stürmisch konnte es aber auch in der Ostsee werden. So war U-612 am 19. Mai 1942 „von Wetter und See stark mitgenommen“, als sich der gerade 22-jährige Leutnant zur See Herbert A. Werner an Bord meldete. Das Boot lag in Danzig, und Werner war gerade zum Ersten Wachoffizier ernannt worden, zum „Eins WO“ und damit zum Stellvertreter von Kommandant Oberleutnant Paul Siegmann.

Wie sein Leitender Ingenieur hatte auch Siegmann bis dahin keine Kampferfahrung gesammelt – er war lediglich als Kommandantenschüler einmal im Atlantik gewesen. Im Gegensatz zu Werner, der bereits an Bord von U-557 an zwei Feindfahrten teilgenommen hatte, bei denen fünf feindliche Schiffe mit zusammen rund 28.000 Tonnen Verdrängung versenkt worden waren. Vermutlich deshalb wurde Werner an Bord von U-612 versetzt. Von der übrigen Besatzung verfügte etwa ein Drittel über Fronterfahrung, die übrigen waren Neulinge.

U-755 erhält einen direkten Treffer von einem U-Boot-Jäger der Royal Navy
U-755 erhält einen direkten Treffer von einem U-Boot-Jäger der Royal Navy
Quelle: Imperial War Museums / Public Domain

Nun begann eine wochenlange Ausbildung. „Tag für Tag stachen wir um sieben Uhr in See“, erinnerte sich Werner Jahrzehnte später: „Eine Stunde später schoss ich bereits Übungstorpedos auf die bereitliegenden Zielschiffe.“ Als Erster Offizier war er an Bord für den Waffeneinsatz verantwortlich.

Nachmittags befehligte dann Siegmann selbst das Schießtraining – auch er wollte Erfahrungen sammeln. Kaum waren die Übungstorpedos aufgebraucht, „jagten wir in den kleinen Hafen auf der Halbinsel Hela zurück und übernahmen eine neue Ladung Torpedos.“ Die verschossenen Übungswaffen waren so konstruiert, dass sie auftauchten und von bereitstehenden Booten aufgesammelt werden konnten.

Dann kam der 6. August 1942. Dieser Donnerstag versprach, so Werners Erinnerung, „heiß zu werden“. Mehr als 20 U-Boote verließen am Morgen den Ausbildungsstützpunkt Gotenhafen (heute Gdynia) in der Danziger Bucht. Auf der Ausfahrt übte die Besatzung den Umgang mit dem 8,8-cm-Geschütz und der 2-cm-Flak.

Nach drei Stunden kam U-612 in dem für diesen Tag zugewiesenen Planquadrat an und tauchte – ganz normal. In 30 Metern Tiefe begannen die Übungen. Alles verlief ganz normal. „Ich saß mit einem Teil der Besatzung und zwölf zusätzlichen U-Bootschülern im Bugraum und hielt Unterricht über das Einmaleins der Torpedo- und Artilleriekunde“, berichtete Werner.

U-83 wird von britischen U-Boot-Jagdflugzeugen attackiert
U-83 wird von britischen U-Boot-Jagdflugzeugen attackiert
Quelle: Imperial War Museums / Public Domain

Doch um 11.42 Uhr erhielt das Boot einen scharfen Stoß achteraus. „Die Wucht warf das Heck zuerst nach oben, dann nach Steuerbord.“ Werner war, jedenfalls laut seinem späteren Bericht, „sofort klar“, was passiert war: „Wir waren unter Wasser gerammt worden!“ Er brüllte: „Alle Mann nach vorn, oder ihr kommt nicht mehr lebend raus!“

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Das Boot war durch den Zusammenstoß mit einem anderen deutschen U-Boot leckgeschlagen, Wasser strömte in die hinteren Abteilungen. Kommandant Siegmann ließ die Tauchzellen mit Pressluft ausblasen; U-612 tauchte schnellstmöglich auf. Der gerade zum Kapitänleutnant beförderte 29-Jährige wollte an der Oberfläche zurück nach Gotenhafen fahren. Doch rasch zeigte sich, dass dieses Ziel unmöglich zu erreichen sein würde. Also gab er den Befehl zur Evakuierung. Sein U-Boot sank auf Grund. Zwei Männer der Besatzung blieben vermisst – Willi Ehrlich und Wilhelm Merz. Sie hatten es zwar geschafft, von Bord des sinkenden Bootes zu kommen, konnten sich dann aber nicht mehr retten.

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Siegmann, Werner und ihre Mannschaft waren nun eine voll ausgebildete und einsatzbereite Crew, hatten aber kein U-Boot mehr. Also begannen sie, die Bergung vorzubereiten. Zwölf Tage brauchten zwei Schwimmkräne, bis sie den leckgeschlagenen Druckkörper nach Gotenhafen gebracht hatten. Das Loch war nur so groß wie ein Eimer – doch das hatte gereicht.

Risszeichnugn eines U-Bootes des Typs VII C
Risszeichnugn eines U-Bootes des Typs VII C
Quelle: Wikimedia / Public Domain

Die brandneue Ausstattung von U-612 war vollständig zerstört: die beiden Diesel, die Elektromaschinen, Akkus, Funkgeräte, Instrumente, die komplette Brücke. Allein der Bugtorpedoraum hatte den Untergang unversehrt überstanden. Bis auf Weiteres war das Boot vom Standardtyp VII C nicht zu benutzen; die Ausbildungsflottille kam zum Ergebnis, dass es acht bis zwölf Monate dauern würde, bis das gehobene Boot wieder benutzt werden konnte.

Also wurden Siegmann, Werner und die Besatzung auf das gerade vor der Fertigstellung stehende Boot U-230 versetzt, für das es noch keine Mannschaft gab. Als die Männer das Boot am 24. Oktober 1942 in Dienst gestellt wurde, hissten sie die Flagge von U-612: „Wir glaubten im Ernst, gemischt mit etwas Aberglaube, dass die alte Flagge das leben unseres Bootes verlängern würde“, erinnerte sich Herbert A. Wehner. Es traf durchaus zu: U-230 versenkte unter Siegmanns Kommando vier feindliche Schiffe und wurde im August 1944 nach der Invasion der Alliierten im Hafen von Toulon gesprengt.

Ein deutsches U-Boot Typ VII beim Auslaufen vor der französischen Atlantikküste
Ein deutsches U-Boot Typ VII beim Auslaufen vor der französischen Atlantikküste
Quelle: Wikimedia / Public Domain

Das havarierte und gehobene U-612 wurde notdürftig repariert, aber nicht mehr voll ausgestattet. Es diente ab Ende Mai 1943 ausschließlich für Übungsfahrten in der Ostsee, denn der geflickte Druckkörper hatte nicht mehr die Widerstandsfähigkeit eines unbeschädigten Rumpfes.

In dieser Funktion blieb U-612 bis ins Frühjahr 1945 im Einsatz – in der Ostsee, zuletzt unterstellt der 31. U-Boot-Flottille in Hamburg, aber mit dem Heimathafen Warnemünde. Hier versenkte der letzte Kommandant, Oberleutnant zur See Hans-Peter Dick, am 1. Mai 1945 das Boot. U-612 wurde etwa zehn Wochen später gehoben und verschrottet.

Das ist die wahre Geschichte von U-612. Die Version, die das ZDF in dem Remake von „Das Boot“ erzählt, ist tatsächlich spannender.

„Das Boot“, ab 3. Januar 2020, ZDF 20.15 Uhr

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