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Zweiter Weltkrieg Akteure

Walter Model – Hitlers „Retter der Ostfront“

Kein General hat ausdauernder den Rückzug der Wehrmacht vor der Roten Armee organisiert als Walter Model. Als einziger Generalfeldmarschall zog er den Selbstmord der Gefangenschaft vor.
Leitender Redakteur Geschichte
Auch ein Erfolg in einer Abwehrschlacht ist ein Sieg: Am 6. März 1942 gratulierte Hitler Walter Model zur Beförderung zum Generalobersten und zum Eichenlaub zum Ritterkreuz Auch ein Erfolg in einer Abwehrschlacht ist ein Sieg: Am 6. März 1942 gratulierte Hitler Walter Model zur Beförderung zum Generalobersten und zum Eichenlaub zum Ritterkreuz
Auch ein Erfolg in einer Abwehrschlacht ist ein Sieg: Am 6. März 1942 gratulierte Hitler Walter Model zur Beförderung zum Generalobersten und zum Eichenlaub zum Ritterkreuz
Quelle: picture-alliance / akg-images

Zum Klischee des höheren preußischen Offiziers gehört das Monokel. Tatsächlich trugen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts einige führende Militärs ein einzelnes Brillenglas mit dünnem Metallrand – der gegenüber Hitler skeptische Generaloberst Werner von Fritsch etwa vor dem linken Auge, der überzeugte Nazi und spätere Generalfeldmarschall Walter von Reichenau rechts. Doch bei keinem prominenten General hinterließ dieser Spleen so sichtbare Folgen wie bei Walter Model.

Auf fast jedem Foto des 1891 in Genthin bei Magdeburg geborenen Berufssoldaten ist die deutliche Asymmetrie seiner linken und rechten Gesichtshälfte zu erkennen. Es war eine Folge des ständigen Festkneifens des Brillen-Ersatzes. Walter Model störte das nicht – kaum erstaunlich in einer Zeit, in der ein möglichst stark vernarbter Schnitt auf der Wange, der „Schmiss“, als Ausweis der Männlichkeit gelten konnte.

Wahrscheinlich benutzte er das vermeintlich typische Accessoire des preußischen Adels, um von seiner bürgerlichen Herkunft abzulenken. Denn anders als viele karrierebewusste Offiziere seiner Generation, etwa der gut drei Jahre ältere Erich von Manstein, stammte Model nicht aus einer traditionsreichen Soldatenfamilie. Sein Vater war Musiklehrer, unter den übrigen Vorfahren fanden sich Bauern, Lehrer und Wirte.

Fachlich ein Könner

Nach dem humanistischen Abitur trat er 1909 ins kaiserliche Heer ein – anders als viele spätere Kameraden nicht nach einer mehrjährigen Ausbildung an der elitären Kadettenanstalt in Berlin-Lichterfelde. Seinen Aufstieg in der Hierarchie verdankte Model so tatsächlich seinem Können als Soldat. Im Ersten Weltkrieg war er Frontoffizier, wurde mehrfach verwundet und mit einer verkürzten Ausbildung zum Generalstäbler ausgezeichnet.

Da Model 1945 Weisung gab, seine persönlichen Papiere zu vernichten, muss offen bleiben, warum gerade er 1920 ins viel kleinere Offizierskorps der Reichswehr übernommen wurde – ein von vielen Berufssoldaten erhoffter, aber nur einigen tausend erfüllter Wunsch. Der Preis war allerdings ein quälend langsamer Aufstieg: Erst 1929 bekam er seine erste Beförderung nach dem Krieg, zum Major. Bis dahin hatte er mit dem schmalen Gehalt eines Hauptmanns seine Frau Herta und zunächst zwei Kinder durchzubringen.

In der Weimarer Republik hielt sich Model von der Politik fern. Er vertrat offen die Auffassung, ein Offizier habe dem Staat unbedingt zu dienen. Er inszenierte sich selbst als Inbegriff des preußischen Militärs, verfasste eine 27 Seiten kurze Studie über den Militärreformer August Neidhardt von Gneisenau – und ward fast nie ohne Monokel gesehen.

Überzeugter Antikommunist

Nach der Machtübernahme Hitlers und dem bald beginnenden Ausbau der Reichswehr zur Wehrmacht nahm Models Karriere Tempo auf. Noch Ende 1932 war er Oberstleutnant geworden, keine zwei Jahre später erfolgte der Aufstieg zum Obersten. Der gelernte Infanterist erkannte die Bedeutung von Panzer im kommenden Krieg und setzte sich für die Motorisierung ein.

Inzwischen hatte er seine reservierte Haltung zur Politik abgelegt und traf sich mit der NS-Ideologie in der gemeinsamen Ablehnung des Kommunismus. Propagandaminister Joseph Goebbels wurde auf den Mittvierziger aufmerksam und stellte ihn Hitler vor. Die Beförderung zum Generalmajor und der Posten als Generalstabschef eines Armeekorps waren der Lohn. In ähnlicher Funktion bewährte sich Model im Polen- und im Westfeldzug. Er war ein harter Arbeiter, zugleich ein unnahbarer Chef, der viel von seinen Stabsoffizieren verlangte und energisch, ja mitunter egozentrisch auftrat.

Dauerhaft eine Position als zweiter Mann war für so einen Charakter jedoch kaum erstrebenswert. Daher empfand Model die Ernennung zum Kommandeur der 3. Panzerdivision Ende 1940 als Erlösung. Mit seinem eigenen Großverband konnte er sich bewähren. Als Teil der Panzergruppe Guderian war seine Einheit beim Vormarsch durch die Sowjetunion stets weit vorne.

Bewährung als Abwehrspezialist

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Im Herbst 1941 befehligte Model, inzwischen General der Panzertruppen und selbst Korpskommandeur, einen wesentlichen Teil des Vorstoßes Richtung Moskau. Wichtiger aber war, dass er nach dem sowjetischen Gegenschlag im Dezember mit seinen Truppen eine Auffangstellung errichtete und halten konnte. Zum ersten Mal kam der „Abwehrspezialist“ Model zum Vorschein.

Obwohl er längst der NS-Ideologie nicht mehr fernstand, konnte er doch Hitler persönlich vor Zeugen zurechtweisen. Als der Diktator einmal genaue Anweisung machte, wie Model seine Truppen aufzustellen habe, schaute der Generaloberst ungerührt durch sein Monokel und fragte scheinheilig: „Mein Führer, befehligen Sie die 9. Armee oder ich?“

Vielleicht war solche Unerschrockenheit der Grund, dass Model anders als die anpassungswilligen Feldmarschälle Wilhelm Keitel, Gerd von Rundstedt oder Wilhelm von Leeb keine persönliche Dotation Hitlers erhielt. Jedenfalls bemerkte der NS-Chef, dass er „selber nicht unter ihm dienen“ möge.

1942/43 bewährte sich der Generaloberst in zahlreichen Abwehrschlachten, doch spektakuläre Erfolge konnte er nicht feiern. In der NS-Propaganda spielte er kaum eine Rolle, und zum Generalfeldmarschall befördert wurde er vorerst auch nicht.

Personalrochade im Süden

Nach der gescheiterten Offensive bei Kursk aber rückte der „Abwehrspezialist“ Model wieder ins Blickfeld der NS-Führung. Am 27. Oktober 1943 diktierte Goebbels seinem Sekretär: „Der Führer hat zur Behebung des Notstandes an der Südfront einen großen Personalschub vor. Allerdings will er diesen erst in Kraft treten lassen, wenn die anrollenden Verstärkungen da sind, damit die neue Führung sich gleich einen ersten Erfolg holen kann.“

Im Mittelpunkt der Rochade sollte ein Mann stehen: „Er will Generaloberst Model an die Stelle von Generalfeldmarschall Manstein setzen und ihm die Führung der Heeresgruppe anvertrauen. Um ihn herum will er eine Garde außerordentlich fester, zuverlässiger Haudegen setzen.“ Doch dazu kam es zunächst nicht. Model kam stattdessen in die „Führerreserve“, erhielt Anfang 1944 das Kommando über die Heeresgruppe Nord und zwei Monate später doch noch als Nachfolger Mansteins über die Heeresgruppe Süd.

Wie schon im zweiten Halbjahr 1943 erwies sich Model wieder als Rückzugsspezialist. Kein anderer General verstand es so gut, durch flexible Truppenbewegungen die Angriffe der Roten Armee aufzufangen. Gleichzeitig allerdings betrieb der inzwischen selbst zum Feldmarschall beförderte Militär eine rücksichtslose „Politik der verbrannten Erde“ in den geräumten Gebieten der Sowjetunion. Er ließ Felder in Brand stecken, Dörfer verwüsten und alle Infrastruktur zerstören.

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Allgemein galt er nun als „Hitlers Feuerwehrmann“ und wurde immer zu den Punkten der Ostfront beordert, die gerade am stärksten unter Druck standen. So reorganisierte er Ende Juni 1944 die Truppen der schwer geschlagenen Heeresgruppe Mitte und stabilisierte die Verteidigung im besetzten Polen.

Versetzung nach Westen

Doch Hitler brauchte seinen „fähigsten Feldmarschall“ inzwischen andernorts. Er nannte ihn öffentlich den „Retter der Ostfront“ und versetzte Model nach Frankreich. Seine Aufgabe: die drückend überlegenen amerikanischen und britischen Invasionstruppen zu stoppen. Das gelang auch zeitweise: Er brachte die „Operation Market Garden“ zum Scheitern, die über die Rheinbrücke von Arnheim den alliierten Panzern einen schnellen Vorstoß ins Reichsgebiet hatte ermöglichen sollen.

Doch den Untergang des Dritten Reiches konnte auch Model nicht aufhalten. Seltsamerweise bekannte sich er gerade jetzt offen zu Hitler: „Der Sieg der nationalsozialistischen Idee steht außer Zweifel“, verkündete er noch Ende März 1945. Mit eiserner Hand ahndete er jeden Versuch, den Westalliierten lokale Kapitulationen anzubieten.

Als aber die verbliebenen Reste seiner Truppen zwischen Duisburg und Hamm eingekesselt wurden, löste er eigenmächtig seine Heeresgruppe auf und stellte jedem Soldat frei, sich in seine Heimat durchzuschlagen, in Gefangenschaft zu gehen oder sich einer anderen kämpfenden Truppe anzuschließen. Für sich selbst aber sah Walter Model keine Zukunft mehr. Er lehnte das Kapitulationsverlangen des örtlichen US-Generals ab und schoss sich am 21. April 1945 eine Kugel in den Kopf.

Als einziger Generalfeldmarschall der Wehrmacht erfüllte er Hitlers Erwartung, als Inhaber des höchsten militärischen Ranges eher in den Tod zu gehen als in Gefangenschaft. Vielleicht sah Walter Model das als Teil seiner Ehre als Preuße. Nur war diese Entscheidung, wie das Handeln von 21 weiteren Marschällen zeigte, längst genauso unzeitgemäß wie ein Monokel.

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