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Geschichte 75 Jahre Grundgesetz

Medien sollen die Politik kontrollieren. Aber tun sie das auch?

Das Haus der Geschichte der Bundesrepublik in Bonn präsentiert die Erfolgsgeschichte Deutschlands seit 1945. WELT hat sich zum Jubiläum in Ausstellungen und Magazinen umgeschaut. Heute: das Dilemma der Pressepolitik.
Leitender Redakteur Geschichte
Quelle: HdG Bonn; Montage: Infografik WELT
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Ob Medien wirklich eine „vierte Gewalt“ im Staate sein sollen, ist durchaus umstritten. Klügere Journalisten zögern, ihrem Berufsstand eine dem Parlament, der Regierung und der unabhängigen Justiz gleichrangige Bedeutung beizumessen. Als sicher aber kann gelten, dass professionelle Medien, die im Gegensatz zu den im Internetzeitalter technisch möglichen individuellen Kanälen der journalistischen Sorgfaltspflicht genügen müssen, eine wichtige Kontrollfunktion haben.

Als die Bundesrepublik 1949 durch die Verkündung des Grundgesetzes am 23. Mai 1949 formal entstand, trat auch der Artikel 5 in Kraft: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“

In den folgenden Monaten entfiel sukzessiv die Lizenzpflicht für Zeitungen, die seit Kriegsende 1945 gegolten hatte. So konnten nun ohne Zulassungsverfahren weitere Blätter entstehen – das bekannteste ist die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, die bewusst nicht mit einer alliierten Lizenz erscheinen sollte. WELT dagegen war eine ursprünglich britische Gründung, die aber im Gegensatz zu vielen Regionalzeitungen nicht von Lizenzträgern herausgegeben wurde, sondern in der Verantwortung der Chefredaktion stand (und sich wiederholt mit den Besatzungsbehörden anlegte).

Jürgen Roland, noch vor seiner Karriere als Regisseur, als Reporter im Versuchsprogramm des NWDR mit seiner Sendung "Was ist los in Hamburg ?", Hamburg 1952. Before he became a TV and movie director, Juergen Roland was a TV presenter of the TV show "Was ist los in Hamburg ?", 1952.
Der spätere Regisseur Jürgen Roland als Reporter im Versuchsprogramm des NWDR 1952
Quelle: picture alliance/United Archives

Etwas anders war es bei elektronischen Medien, 1949 noch allein dem Radio und ab Ende 1952 auch dem Fernsehen. Aufgrund des hohen technischen Aufwandes und der wenigen verfügbaren Sendefrequenzen konnte es hier zunächst nicht wie bei gedruckten Medien einen privatwirtschaftlich organisierten Markt geben, in dem etwa die linksliberale „Süddeutsche Zeitung“ das Gegengewicht zur konservativen „Frankfurter Allgemeinen“ bildete, die liberalkonservative WELT in der Mitte stand, während linke Wochentitel wie „Spiegel“ und „Stern“ oder „Zeit“ Angeboten wie „Quick“ und „Kristall“ gegenüberstanden.

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Derlei sogenannte Außenpluralität war im Bereich des Radios und bald des Fernsehens noch nicht möglich. Also wurden die ersten Sender als öffentlich-rechtliche „Anstalten“ organisiert, nach dem Vorbild der Londoner BBC. Sie sollten „binnenplural“ sein, also verschiedenen politischen Haltungen nebeneinander Raum geben.

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In der Praxis funktionierte das eher schlecht als recht. Der NWDR, die erste derartige „Anstalt“, die sich bald in NDR und WDR aufspaltete, war rasch so vorwiegend und einseitig links, wie der Bayerische Rundfunk BR von der CSU beherrscht wurde. Dagegen wollte Konrad Adenauer ein „Regierungsfernsehen“ setzen, während Verleger wie Axel Springer (seit 1953 Eigentümer der WELT) und „Spiegel“-Eigentümer Rudolf Augstein vorschlugen, die inzwischen verfügbaren technischen Voraussetzungen für ein zweites TV-Programm privatwirtschaftlich zu organisieren.

Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) w��hrend der Aufzeichnung seiner Rundfunk- und Fernsehansprache am 23.11.1962 im Studio des Senders Freies Berlin (SFB) in West-Berlin.
Bundeskanzler Konrad Adenauer bei der Aufzeichnung einer Fernsehansprache 1962
Quelle: picture-alliance / picture-alliance/dpa

Die Bundesländer klagten gegen ein TV-Programm in der Verantwortung des Bundes – aber vorwiegend wegen des Verstoßes gegen die ihnen zustehende Kulturhoheit und weniger wegen der notwendigen Staats- bzw. Parteienferne der Sender. Nach dem 1. (von seither insgesamt 16) Rundfunk-Urteilen (gemeint sind Beschlüsse, die Radio und Fernsehen betreffen) wurde 1961/62 das ZDF als überregionales Fernsehen in der Verantwortung der Bundesländer gegründet.

Da es tendenziell konservativer war als die Landesrundfunkanstalten in der ARD, war damit immerhin eine gewissen „Außenpluralität“ gegeben. Das blieb über die Einführung des Farbfernsehens 1967 (im Bonner Haus der Geschichte steht ein früher Farbfernseher des Herstellers Telefunken, noch im Holzgehäuse) so bis 1984, als neue Techniken wie Kabel- und bald Satelliten-Fernsehen eine Vervielfachung der Sendekanäle ermöglichten.

Gegen den erbosten Protest aller öffentlich-rechtlichen Sender, ARD wie ZDF, wurde das Monopol aufgebrochen. Neben Kanälen mit eher boulevardesken Inhalten etablierten sich bald auch zwei konkurrierende private Nachrichtensender, n-tv und N24 (heute WELT), die zeigten, dass es eigentlich keinen öffentlich-rechtlichen, also mit verpflichtenden Gebühren finanzierten Rundfunk mehr braucht, da die Außenpluralität besser durch unterschiedliche private Anbieter gewährleistet war.

N24 Doku – Der Sender für Dokumentationen und Reportagen

Von Geschichte, Natur und Wissenschaft bis hin zu Technik, Gesellschaft und Kultur bietet N24 Doku den Zuschauerinnen und Zuschauern eine Vielfalt an tiefgründigen und fesselnden Programmen.

Quelle: N24 Doku

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Das führte zu mehreren, auf den ersten Blick unverständlichen Entwicklungen: Die öffentlich-rechtlichen Sender senkten das Niveau ihrer Programme immer weiter, bauten gleichzeitig die Zahl ihrer Kanäle massiv aus – und steigerten durch Tricksereien bei der Erhebung der Gebühren sowie durch deren Erhöhungen das zur Verfügung stehende Geld. 2024 gibt es 21 öffentlich-rechtliche TV-Sender und 69 Radioprogramme in der Verantwortung von ARD und ZDF. Dazu kommende tausende Social-Media-Angebote und Websites, die sämtlich in Konkurrenz zu privaten Medien stehen, aber im Gegensatz zu ihnen durch Gebühren finanziert sind.

Möglich wurde das nur, weil das Bundesverfassungsgericht seit dem ersten Rundfunk-Urteil 1961 allen technischen Veränderungen zum Trotz an der Zweigleisigkeit von privaten Print- (oder heute: Text-)Medien und öffentlich-rechtlichen „Sendeanstalten“ festhalten. Vielleicht liegt es daran, dass Richter eine beamtenähnliche Stellung haben und daher dem Staat bewusst oder unbewusst mehr zutrauen könnten als der freien Wirtschaft.

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Tatsache ist jedoch, dass das öffentlich-rechtliche Sendersystem, das jahrzehntelang als Stärke der Bundesrepublik galt, heute zum Mühlstein geworden ist – wozu man nicht einmal auf Skandale wie um die kurzzeitige RBB-Intendantin Patricia Schlesinger schauen muss oder auf den beinahe direkten Wechsel eines ehemaligen Regierungssprechers als Intendant zum BR. Binnenpluralität ist inzwischen von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen sogar ein Fremdwort in den „Anstalten“.

Deutscher Bundestag und Haus der Geschichte bitten alle, die persönliche Erinnerungsstücke zum Parlamentarismus in Deutschland besitzen, diese zu fotografieren und ihre eigene Geschichte dazu zu erzählen. Details finden sich im Aufruf: Ihr Parlament. Ihre Erinnerungen.

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