Der Vorgesetzte bemühte sich um Genauigkeit: „Wir haben das libysche Flugzeug nicht abgeschossen. Wir schossen auf die Außenseite seiner Tragflächen, um es zu beschädigen und zum Notlanden zu zwingen. Das Flugzeug verunglückte bei der Landung“, sagte Generalmajor Mordechai Hod, der Oberbefehlshaber der israelischen Luftwaffe, in Tel Aviv vor Journalisten über das Ende des Libyan-Arab-Airlines-Flugs 114.
Es nützte wenig. WELT kommentierte am 23. Februar 1973: „Eine Welle des Hasses und Rufe nach Vergeltung branden Israel aus der arabischen Welt entgegen. Die 106 Toten in der Sinai-Wüste, die israelischen Schüsse auf ein Verkehrsflugzeug haben die Leidenschaften der Araber von Neuem tief aufgewühlt – mit Friedensgesprächen kann ihnen in diesem Augenblick niemand kommen.“
Die Schuldfrage war schwierig zu klären. Die Sinai-Halbinsel war seit dem Sechs-Tage-Krieg 1967 von Israel besetzt; offiziell bestand noch Kriegszustand zwischen Ägypten und dem jüdischen Staat. Deshalb galt auch ein absolutes Flugverbot über dem Sinai.
Das Eindringen der libyschen Maschine in den gesperrten Luftraum erfolgte genau um 13.54 Uhr. Die israelische Luftraumüberwachung registrierte das unangemeldete Flugobjekt per Radar. Die Boeing 727 auf dem regulären Weg von Tripolis nach Kairo flog auf einer Höhe von 4600 Metern. Zwei israelische Kampfflugzeuge F-4 Phantom starteten und erreichten um 13.59 Uhr den Passagierjet.
Mit Flügelwackeln, Handzeichen der Piloten und Warnschüssen forderten die beiden Jagdjets die libysche Maschine auf, sich zur Landung auf einer israelischen Luftwaffenbasis eskortieren zu lassen. Die Besatzung der Boeing weigerte sich, ihnen zu folgen, und flog eine Kehre in Richtung Westen. Die israelischen Piloten werteten dies als einen Versuch zu entkommen – und fragten bei ihrem Vorgesetzten an, was zu tun sei.
Die Antwort lautete: „Auf die Flügel schießen, um die 727 zur Notlandung zu zwingen.“ Die Phantom-Piloten feuerten und trafen die rechte Tragfläche sowie das Hecktriebwerk der dreistrahligen Boeing, die Feuer fing und in der Wüste zu Boden ging. Um 14.10 Uhr bekam die Maschine Bodenkontakt und explodierte. 108 der 113 Menschen an Bord kamen ums Leben.
Der Flugdatenschreiber der 727 zeigte später, dass das libysche Flugzeug versehentlich vom Kurs abgekommen war. Obwohl die Schuldfrage ungeklärt blieb, akzeptierte Israels Verteidigungsminister Mosche Dajan im Gegensatz zu seinem Luftwaffen-Chef eine wesentliche Mitverantwortung. Denn die Weisung, per gezielten Schüssen eine Notlandung zu erzwingen, war nach dem Kurswechsel der Boeing unangemessen. Der Minister nannte es einen „Ermessensfehler“, und Israel zahlte Entschädigung an die Hinterbliebenen der Opfer.
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