Der Name war Programm. In den Kriegen der Französischen Revolution und des napoleonischen Kaiserreichs hatte Robert Surcouf die Piraterie zu einem lukrativen Geschäftsfeld gemacht. Das Kapern oder auch Zerstören von 47 Schiffen wird ihm zugeschrieben, was Surcouf die Erhebung zum Baron eintrug. Als die französische Marine Ende der 1920er-Jahre einen Namen für ihre neueste Errungenschaft suchte, fiel die Wahl daher schnell auf „Surcouf“.
Das Fahrzeug, das diesen Namen trug, war 110 Meter lang, verdrängte gut 4200 Tonnen und erreichte eine Geschwindigkeit von 18 Knoten – Daten, die nicht unbedingt den Schmuck durch einen berühmten Korsaren erforderten. Aber es handelte sich nicht um ein Überwasserschiff, sondern um das zu seiner Zeit größte U-Boot der Welt.
Der klangvolle Name machte zudem vergessen, dass das Konzept für das tauchende Ungetüm von der Marine des Deutschen Reiches übernommen worden war. Die hatte während des Ersten Weltkrieges drei gigantische U-Kreuzer gebaut und mit Erfolg im Handelskrieg eingesetzt. Die Boote besaßen eine Reichweite von 12.600 Seemeilen und konnten bis zu 15.8 Knoten laufen. Bei Kriegsende sicherte sich Frankreich U 139 aus der kaiserlichen Konkursmasse, doch sollte das deutsche Vorbild bei der Entwicklung der „Surcouf“ tunlichst kaschiert werden.
Der U-Kreuzer, der am 3. Mai 1934 schließlich in Dienst gestellt wurde, war ebenfalls für den großräumigen Kaperkrieg entwickelt worden. Mit zwei Minuten war seine Alarmtauchzeit ungewöhnlich lang und die Tauchtiefe mit 80 Metern eher wenig herausragend. Dafür verfügte er nicht nur über Platz für 118 Besatzungsmitglieder, sondern konnte auch bis zu 40 Gefangene (von Prisen) aufnehmen.
Doch die eigentliche Stärke der „Surcouf“ lag in ihrer Bewaffnung und Ausstattung. Je vier Torpedorohre in Bug und Mittschiff verschafften dem U-Kreuzer unter Wasser eine außergewöhnliche Feuerkraft. Noch stärker waren seine beiden Kanonen. Die beiden Geschütze, die in einem wasserdichten Turm ruhten, maßen Kaliber 20,3-Zentimeter; das entsprach der Hauptartillerie Schwerer Kreuzer. Damit konnten 123 Kilogramm schwere Granaten bis zu 31 Kilometer weit verschossen werden, bei einer Feuergeschwindigkeit von drei Schuss pro Minute; das Magazin fasste 600 Granaten.
Um das Feuer über diese Entfernung zu lenken – denn das Ziel war wegen der Erdkrümmung von dem niedrigen Schiff aus nicht mehr zu erkennen – , führte die „Surcouf“ in einem Hangar ein zusammengelegtes Aufklärungsflugzeug vom Typ Besson MB-411 mit sich, das innerhalb von einer halben Stunde zusammengesetzt oder demontiert werden konnte. Die Aufmerksamkeit, die die Konstrukteure den neu entwickelten Geschützen widmeten, war eine Konsequenz aus der Unzuverlässigkeit der Torpedos. Im Ersten Weltkrieg war der Kaperkrieg überwiegend mit Kanonen geführt worden.
Auch die Royal Navy hatte in den 1920er-Jahren mit dem Bau von U-Kreuzern experimentiert, die Ergebnisse entsprachen aber nicht den Erwartungen. Obwohl die „Surcouf“ sich für ihre Größe als erstaunlich wendig erwies, stoppten auch die Franzosen die geplante Serienfertigung. Tatsächlich sollte der kostspielige Riese nie in dem Sinne eingesetzt werden, für den er gebaut worden war.
Als die Wehrmacht im Juni 1940 Frankreich besetzte, gelang es der Besatzung der „Surcouf“, mit nur einem betriebsbereiten Motor aus Brest zu entkommen und sich bis Plymouth durchzuschlagen. Dort wurde das Schiff am 3. Juli 1940 von einem englischen Kommando im Rahmen der „Operation Grasp“ geentert, mit der die Briten nach der französischen Kapitulation sämtliche Schiffe des Ex-Verbündeten in englischen Häfen beschlagnahmten. Damit sollte verhindert werden, dass die „Surcouf“ an das deutsche Marionettenregime von Vichy übergeben werden würde.
Die Briten reichten die „Surcouf“ an die „Forces françaises libres“ von Charles de Gaulle weiter. Die setzten den U-Kreuzer Ende 1941 bei der Besetzung der französischen Inseln Saint-Pierre und Miquelon vor der Küste Kanadas ein. Beim Marsch in die Karibik kollidierte das Schiff im Februar 1942 schließlich mit einem amerikanischen Frachter und sank unweit des Panamakanals. Mit 159 Opfern gilt der Untergang der „Surcouf“ als verlustreichste U-Boot-Havarie der Geschichte.
Ungefähr zur gleichen Zeit entwickelte die japanische Marine das Konzept des U-Kreuzers weiter. Mit einer ganzen Flotte von U-Flugzeugträgern mit einer Verdrängung von 6500 Tonnen – jeweils mit drei Bombern an Bord – wollte das Kaiserreich New York und die Schleusen des Panamakanals angreifen. Allerdings wurden auch diese Unternehmen niemals Realität.
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