Wie oft wurde der Panzer nicht schon für tot erklärt? Im Ersten Weltkrieg kamen die Kettenfahrzeuge zum ersten Mal zum Einsatz – und galten bereits 1918 als veraltet, weil es keine großen Kriege mehr geben werde. 1945 hielt man sie erneut für obsolet, weil nun Atomwaffen von Kriegen abschrecken würden. 1973, weil nun ein einzelner Soldat Panzer abschießen konnte. 1990 wurden sie dann abgeschrieben, weil der Kalte Krieg vorbei war.
Gut 100 Jahre nach dem Masseneinsatz von Panzern in Nordostfrankreich 1917/18 befasst sich der Dokumentarfilm „Panzer. Macht. Geschichte – Ende einer Jahrhundertwaffe?“ aus aktueller Sicht mit den stählernen Kolossen. Almut Faass und Anja Kindler blicken zurück in die Geschichte und fragen Experten wie Markus Pöhlmann vom Zentrum für Militärgeschichte der Bundeswehr oder Pierre Garnier de Labareyre vom Panzermuseum Saumur nach der Zukunft dieser Waffengattung.
Panzer sind Killermaschinen, einzig konstruiert zum Zerstören, betonen Faass und Kindler. Fast hundert Jahren lang waren sie das Rückgrat einer jeden Landarmee. Zugleich wurden Panzer Teil der globalen Kultur, ob als Denkmal, in Filmen oder auf Plakaten. Die Filmemacherinnen untersuchen, wie der Siegeszug der Panzer begann, wie sie im Kalten Krieg zur wirkungsvollsten Waffe autoritärer Systeme sowie zum Sinnbild politischer Unterdrückung wurden und ob sie heute angesichts von ferngesteuerten Drohnen und luftgestützten Kriegen ein Auslaufmodell werden.
Der Dokumentarfilm beginnt mit Bildern vom modernen Freizeitspaß mit einem alten DDR-Schützenpanzer und leitet dann über zu dramatischen Ereignissen, bei denen Panzer zum Einsatz kamen: dem Koreakrieg 1950, dem Volksaufstand in der DDR 1953, dem Ende des Prager Frühlings 1968 und dem Tiananmen-Massaker 1989 in Peking.
Außerdem fragen Faass und Kindler nach der Rolle der Panzer seit dem Ende dem Kalten Krieges, den Kosten der erneut einsetzenden Aufrüstungsspirale sowie der jährlichen Manöver. Allein im vergangenen Jahr gaben die Staaten dieser Welt 1,43 Billionen Euro für Rüstung aus, rechnen sie nach.
Um in die Zukunft zu blicken, besuchten Faass und Kindler die größte Militärmesse Eurosatory in Paris. Dort filmten sie die Vorstellung des Lynx, eines neuen Panzermodells des deutschen Marktführers Rheinmetall, und hörten, dass der Rüstungskonzern 2017 mit seinen Produkten einen Umsatz von 5,9 Milliarden Euro erzielte.
Die Geschichte der Panzer sei auch nach 100 Jahren noch nicht zu Ende, betont Ralf Raths, der Leiter des Panzermuseums Munster. Selbst Länder wie die Niederlande oder Kanada, die ihre Panzer bereits abgeschafft hatten, rüsten jetzt wieder auf. Allerdings sehen Panzer von heute anders aus als ihre Vorgänger: vergleichsweise leicht und aus Modulen zusammengesetzt, müssen sie den Anforderungen eines digitalisierten Schlachtfeldes genügen und an die jeweiligen Einsätze angepasst sein, beispielsweise in Afghanistan, Syrien oder der Ukraine.
Panzer des Zweiten Weltkriegs
Im Zweiten Weltkrieg dagegen galt: Nichts ist besser als Größe – außer noch mehr Größe. Hitler-Deutschland führte das mit dem schweren Tiger 1 vor: „Mittlere Panzer haben sich tatsächlich zurückgezogen, wenn ein Tiger auf sie zugerollt kam“, berichtet Raths. „Der Tiger war ein klassisches Machtsymbol“, ergänzt David Willey vom britischen Panzermuseum Bovington.
In Zukunft werde es vermutlich keine großen Panzerschlachten mehr geben, darin sind sich Militärexperten und die Macherinnen des Dokumentarfilmes einig. Doch verschwinden dürften sie auch nicht. Zumindest nicht, solange im Kongo oder anderswo manchmal ein einziger uralter Panzer aus der Sowjetzeit ausreiche, um regionale Konflikte zu entscheiden.
„Panzer. Macht. Geschichte. Ende einer Jahrhundertwaffe?“, 23. April, 20.15 Uhr, Arte
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