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Geschichte Berlin-Blockade 1948

Warum Stalins Erpressung mit dem Hunger scheiterte

Für elf Monate unterbrach die Sowjetunion im Juni 1948 die Versorgung der West-Sektoren Berlins zu Lande und zu Wasser. Es war ein Kräftemessen vor allem mit den USA. Am Ende verlor Moskau.
Leitender Redakteur Geschichte
Auf diesen Routen verlief die Luftbrücke nach Berlin

Die Berliner Luftbrücke feiert Jubiläum: Flugzeuge aus West-Deutschland starteten ab Ende Juni 1948 in Richtung Berlin. Diese Animation zeigt ihre Flugrouten.

Quelle: WELT

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Zuerst fiel der Strom aus. Mitten in der Nacht vom 23. auf den 24. Juni 1948 lieferte das Großkraftwerk Zschornewitz, 120 Kilometer südlich Berlins inmitten des brandenburgischen Braunkohle-Tagebaus Golpa gelegen, plötzlich keine Energie mehr. Die wenigen Kraftwerke in den drei westlichen Sektoren Berlins, vor allem das nach Beseitigung der Schäden durch Demontagen gerade erst wieder in Betrieb genommene Kraftwerk West an der Spree im Ortsteil Siemensstadt, konnten die Versorgungslücke nicht schließen: Die Lichter gingen aus.

Am folgenden Morgen wurden der Güterzugverkehr und die Binnenschifffahrt unterbrochen sowie die Fernstraßen nach Hamburg, Hannover und Nürnberg. Den Grund gab eine scheinbar unverdächtige Meldung an, die der Allgemeine Deutsche Nachrichtendienst nur kurz zuvor herausgab. Die von der SED beherrschte Nachrichtenagentur teilte mit: „Die Transportabteilung der sowjetischen Militärverwaltung sah sich gezwungen, aufgrund technischer Schwierigkeiten den Verkehr aller Güter- und Personenzüge von und nach Berlin einzustellen.“

Zahlreiche Versorgungsflugzeuge nach der Landung auf dem Flugplatz in Berlin Gatow. Als Reaktion auf die Währungsreform in den Westsektoren am 23.6.1948 verhängte die UdSSR am 24.6.1948 eine Blockade über Berlin. Alle Land- und Wasserwege wurden für den Personen- und Güterverkehr zwischen West-Berlin und Westdeutschland gesperrt. Die Versorgung der Westberliner Bevölkerung und der westalliierten Besatzung erfolgte daraufhin durch eine von den USA und Großbritannien errichtete Luftbrücke. Die Blockade wurde am 12. Mai 1949 aufgehoben. +++(c) dpa - Report+++ |
Versorgungsflugzeuge warten auf dem Flugplatz in Berlin-Gatow auf die Starterlaubnis
Quelle: picture-alliance/ dpa

So begann die Blockade West-Berlins, die erste große Schlacht des Kalten Krieges. 322 Tage lang, bis zum 12. Mai 1949, blieb der Waren- und Personenverkehr von Westdeutschland in die westlichen Sektoren Berlins unterbunden. Möglich war weiterhin der Übertritt der West-Berliner in den Ostsektor, der von der Roten Armee beherrscht und in ihrem Auftrag von der SED verwaltet wurde.

In diesem Übertritt bestand sogar der eigentliche Zweck der Blockade: Die Einwohner des amerikanischen, des britischen und des französischen Sektors sollten so gezwungen werden, sich in Ost-Berlin zu versorgen (und dafür Lebensmittelkarten bei den SED-kontrollierten Bezirksbehörden zu beantragen). Auf diese Weise wollte Stalin, der die Blockade angeordnet hatte, die Legitimation der alliierten Truppen tief in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) delegitimieren.

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Es war beileibe nicht der erste derartige Zwischenfall. Schon seit Sommer 1945 stichelten die sowjetischen Militärverwaltung, kurze Zeit später auch die durchweg von Kommunisten beherrschte Stadtverwaltung gegen die Alliierten und die Bezirksämter in den drei westlichen Sektoren. Nach der krachenden Wahlniederlage der SED am 20. Oktober 1946, als die SPD die absolute Mehrheit nur knapp verfehlte, die CDU auf 22 Prozent kam und die SED trotz massiver Unterstützung durch die Sowjets mit 19,8 Prozent nur den dritten Rang erreichte, verschärfte sich die Konfrontation zunehmend.

US-Präsident Harry S. Truman (r) gratuliert General Lucius D. Clay (l), nachdem er ihn am 17. Mai 1949 mit der "Medaille für außerordentliche Verdienste um das Vaterland und die Menschheit" geehrt hat. In der Mitte Frau Marjorie Clay. Clay war von 1947 bis 1949 Militärgouverneur der US-Zone in Deutschland und Befehlshaber der US-Streitkräfte in Europa. Er wurde, obwohl zuerst keineswegs ein Freund der Deutschen, zur Symbolfigur für das Durchhalten während der "Berlin Blockade" 1948/49. Clay beantwortete das Abschneiden Berlins von allen Land- und Wasserwegen durch die UdSSR mit der Errichtung der legendären "Luftbrücke" und sicherte damit auf Dauer die Freiheit Westberlins. Anläßlich der Einweihung der Freiheitsglocke in Berlin 1950 hielt er die Festansprache. Nach seinem Ausscheiden aus der US-Armee am 1. Juni 1949 war er in Aufsichtsräten und Vorständen in der Konservenindustrie und anderen Wirtschaftszweigen der USA erfolgreich. Lucius D. Clay, am 23. April 1897 in Marietta geboren, verstarb kurz vor seinem 81.Geburtstag am 16. April 1978 in Chatham (Massachusetts). | Verwendung weltweit
US-Präsident Harry S. Truman gratuliert General Lucius D. Clay
Quelle: picture-alliance / dpa

Am 30. März 1948 verkündete der sowjetische Vizegouverneur, der alliierte Bahn- und Fahrzeugverkehr zwischen Berlin und den Westzonen werde ab dem 1. April kontrolliert, das heißt: behindert. Darauf starteten die Alliierten am 2. April eine Serie von Transportflügen nach West-Berlin.

Doch am 5. April 1948 rammte ein sowjetischer Jäger ein britisches Passagierflugzeug beim Landeanflug. Es war keine Absicht gewesen, doch der Grund lag eindeutig in dem Einschüchterungsversuch des Jagdpiloten. 15 Menschen kamen ums Leben. Auch der Paketverkehr wurde zwangsweise eingestellt.

Es war ein Kräftemessen zwischen den drei westlichen Mächten und Stalin, und skrupelloser war eindeutig der sowjetische Machthaber. Würden die USA, Großbritannien und Frankreich wirklich den Einwohnern der Hauptstadt des ehemaligen Kriegsgegners Deutschland beispringen? Die Sowjetunion setzte darauf, mit ihrem Muskelspiel zu gewinnen.

Drei West-Berliner Jungen, die auf einem Trümmerberg spielen, schauen zu einem US-amerikanisches Transportflugzeug vom Typ C-54 empor, das Versorgungsgüter nach West-Berlin bringt (Aufnahme von 1948). Als Reaktion auf die Währungsreform in den Westsektoren am 23.6.1948 verhängte die UdSSR am 24.6.1948 eine Blockade über Berlin. Alle Land- und Wasserwege wurden für den Personen- und Güterverkehr zwischen West-Berlin und Westdeutschland gesperrt. Die Versorgung der Westberliner Bevölkerung und der westalliierten Besatzung erfolgte daraufhin durch eine von den USA und Großbritannien errichtete Luftbrücke. |
Freiheit im Himmel: Dieses Foto wurde zum Symbol der Berliner Luftbrücke
Quelle: picture-alliance / dpa

Die Währungsreform in den Westzonen am 20. Juni 1948 bot dann den äußeren Anlass, die Transportbeschränkungen zu einer lückenlosen Blockade zu eskalieren. Stalin rechnete damit, binnen einiger Tage, maximal weniger Wochen, sein Ziel zu erreichen.

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Doch er irrte sich. Denn in Washington regierte seit drei Jahren Harry S. Truman, der beinharte Nachfolger des zuletzt gegenüber der Sowjetunion zu weichen Franklin D. Roosevelt. Und Truman hatte entschieden, dem kommunistischen Expansionsdrang entgegenzutreten.

So entschlossen sich die drei Westmächte, in einer einzigartigen Kraftanstrengung nicht nur ihre eigenen Truppen in der eingekreisten Teilstadt, also rund 8000 Mann, per Lufttransport zu versorgen, sondern die etwa 2,2 Millionen Einwohner ihrer Sektoren gleich mit. Das bedeutete, dass fortan Tag für Tag deutlich mehr als 1000 Tonnen Lebensmittel eingeflogen werden mussten, außerdem ein Mehrfaches davon an Kohle zur Strom- und Gaserzeugung.

Es war die größte humanitäre Hilfsaktion aller Zeiten. Die „New York Times“ brachte es am 4. Juli 1948 auf den Punkt: „Eine Luftbrücke ist ein kostspieliger Weg zur Versorgung Berlins. Aber in einem Notstand fragt man in unserem Land, dessen Bürger man ,Geldjäger‘ oder ,dollargierig‘ schimpft, nicht nach den Kosten. Wir fragen nur: ,Was wird gebraucht?‘ Und wenn wir die Antwort haben, heißt es: ,Okay, dann mal los.‘“

Planierraupen auf der Baustelle der zweiten Start- und Landebahn auf dem Flugplatz in Berlin-Tegel 1948. Die neue Bahn wird eine Länge von 2,5 Kilometern haben. Als Reaktion auf die Währungsreform in den Westsektoren am 23.6.1948 verhängte die UdSSR am 24.6.1948 eine Blockade über Berlin. Alle Land- und Wasserwege wurden für den Personen- und Güterverkehr zwischen West-Berlin und Westdeutschland gesperrt. Die Versorgung der Westberliner Bevölkerung und der westalliierten Besatzung erfolgte daraufhin durch eine von den USA und Großbritannien errichtete Luftbrücke. Die Blockade wurde am 12. Mai 1949 aufgehoben. +++(c) dpa - Report+++ |
Auch Berlin kann einen Flugplatz in nur 90 Tagen bauen: Planierarbeiten für die zweite Bahn in Tegel 1948
Quelle: picture-alliance/ dpa

In Wirklichkeit allerdings war es ein britischer Offizier, der die entscheidende Idee hatte. Air Commodore Rex N. Waite nämlich schlug dem US-Militärgouverneur für Deutschland, General Lucius D. Clay, vor, die Luftversorgung von Anfang April 1948 zu verstetigen. Clay erkannte, dass Waites Vorschlag der einzige mögliche Ausweg war. Denn seine Vorgesetzten in Washington hatten ihm zuvor signalisiert, dass ein ebenfalls möglicher gewaltsamer Durchbruch mit Panzern und Lastwagen von der US-Zone nach West-Berlin nicht genehmigt werden würde.

Die Organisation der Luftbrücke übernahm dann so schnell wie möglich General William H. Tunner, der wichtigste Lufttransport-Experte der US Air Force. Er hatte 1942 die Versorgung der chinesischen Verbündeten der Alliierten im Kampf gegen das japanische Kaiserreich mit einer Luftbrücke über den Himalaja hinweg verwirklicht. Doch Berlin zu versorgen war noch schwieriger.

Tunner aber versprach Clay einfach: „Wir können alles jederzeit überallhin transportieren.“ Und dann setzte er dieses Versprechen konsequent um. Berühmt-berüchtigt war bei seinen Untergebenen Tunners Satz: „Wenn ich 20 Stunden am Tag arbeite, dann könnt ihr wohl 16 Stunden arbeiten.“

Als sich die Deutschen bei US-Piloten bedankten

Mit einer Luftbrücke versorgten Amerikaner und Briten 1948/49 das abgeschottete Berlin mit Hilfsgütern. Der „Welt“ verraten die Zeitzeugen von damals, in welchem Zwiespalt sie standen.

Quelle: Die Welt

Weil auch die West-Berliner mitmachten und sich nahezu ausnahmslos weigerten, sich in Ost-Berlin zu versorgen, entstand eine ungeheure Dynamik. Die Amerikaner wiederum organisierten ihre Versorgungsflüge bald als Wettbewerb der verschiedenen Einheiten untereinander – und steigerten die Effizienz so dramatisch.

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Nach elf Monaten gaben die Sowjets ihren Erpressungsversuch schließlich auf. Die Luftbrücke aber dauerte sicherheitshalber noch fast ein halbes Jahr bis über das offizielle Ende der Blockade hinaus an, bis in den Herbst 1949. Bei etwa 280.000 Flügen wurden insgesamt mehr als zwei Millionen Tonnen Fracht eingeflogen. Die Kosten, weitgehend vom US-Steuerzahler getragen, gingen in die Dutzende Milliarden. Aber am Ende siegte die Freiheit und verlor der Kommunismus.

Die Luftbrücke war ein Triumph der internationalen Kooperation gegenüber einer Diktatur und gegenüber allen nationalistischen Versprechungen. „America first“ hätte Harry S. Truman nie gesagt – er wusste, warum.

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