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  3. Stasi: „Brüderliche Kampfesgrüße“ an Wladimir Putin

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Die Stasi sandte Putin „brüderliche Kampfesgrüße“

Ein jetzt entdecktes Foto zeigt die Verleihung eines Ordens an Russlands heutigen Präsidenten in Dresden 1987. Offenbar ahnte man im MfS, dass auf den jungen KGB-Offizier eine große Zukunft wartete.
Leitender Redakteur Geschichte
Wladimir Wladimirowitsch Putin bekommt die Ehrennadel der Gesellschaft für deutsche-sowjetische Freundschaft im Rahmen des Balls der Waffenbrüderschaft am 21. November 1987 überreicht. Im Hintergrund erkennbar: Generalmajor Horst Böhm, Chef der Dresdner Stasi. Wladimir Wladimirowitsch Putin bekommt die Ehrennadel der Gesellschaft für deutsche-sowjetische Freundschaft im Rahmen des Balls der Waffenbrüderschaft am 21. November 1987 überreicht. Im Hintergrund erkennbar: Generalmajor Horst Böhm, Chef der Dresdner Stasi.
Wladimir Wladimirowitsch Putin bekommt die Ehrennadel der Gesellschaft für deutsche-sowjetische Freundschaft im Rahmen des Balls der Waffenbrüderschaft am 21. November 1987 überrei...cht. Im Hintergrund erkennbar: Generalmajor Horst Böhm, Chef der Dresdner Stasi.
Quelle: BStU

Guten Freunden schenkt man zum Geburtstag gern die eine oder andere Aufmerksamkeit. Es muss gar nicht viel sein; manchmal reichen ein Bierkrug, eine freundliche Karte und ein Strauß Blumen.

Das jedenfalls erhielt Wladimir Wladimirowitsch Putin, Major und Mitarbeiter des Verbindungsoffiziers des sowjetischen KGB zur Bezirksverwaltung der DDR-Staatssicherheit (MfS) in Dresden, anlässlich seines 35. Geburtstages am 7. Oktober 1987 überreicht. Die Karte hatte Generalmajor Horst Böhm, der Dresdner Stasi-Chef, unterschrieben. Auf einer Kopie der knapp gehaltenen Gratulation notierte jemand handschriftlich die Geschenke, für deren Beschaffung offenbar ein „Genosse Müller“ zuständig war.

Böhm sandte „im Namen aller Kommunisten und Tschekisten der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Dresden die herzlichsten Glückwünsche und brüderliche Kampfesgrüße“. Für die „verantwortungsvollen Aufgaben im Kampf gegen den gemeinsamen Feind“ wünschte er dem in Sachsen stationierten Sowjetbürger „viel Erfolg“.

Gratulation vom Dresdner Stasichef Horst Böhm für Wladimir Putin von 1987
Gratulation vom Dresdner Stasichef Horst Böhm für Wladimir Putin von 1987
Quelle: BStU

Der gemeinsame Feind: Gemeint waren damit die „aggressivsten, abenteuerlichsten Kräfte des Imperialismus“, also die Nato und die westliche Führungsmacht USA. Denselben Kampf führt Putin inzwischen wieder. Er ist seit nunmehr 16 Jahren faktisch der Machthaber in Moskau. Den größten Teil dieser Zeit sitzt er als russisches Staatsoberhaupt im Kreml.

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Vor annährend 30 Jahren spielte Putin noch in einer anderen Liga. Damals trug er einen blauen Anzug und braune Schuhe. So ist er jedenfalls auf dem Foto zu sehen, das nun in der Außenstelle Dresden der Stasi-Unterlagen-Behörde (BStU) entdeckt worden ist. Es dokumentiert, wie Putin die Ehrennadel der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft (DSF) in Gold verliehen wurde.

Die Ehrung erfolgte am 21. November 1987 anlässlich des Balls der Waffenbrüderschaft zwischen MfS und KGB im Saal der Stasi-Bezirksverwaltung. Als Gast war auch der 1. Sekretär der DSF geladen, Kurt Kranke; offenbar ist er es, der Putin den Orden überreicht. Stasi-Bezirkschef Böhm steht etwas im Hintergrund und lächelt gütig.

Die Tatsache dieser Auszeichnung an sich ist nicht neu; schon im Jahr 2000, bald nach der Machtübernahme Putins in Moskau, berichteten Medien darüber. Trotzdem ist das Foto des jungen, noch linkisch wirkenden Putin aufschlussreich. Nur zwölf Jahre später übernahm er die Führung der Weltmacht Nummer zwei und gab sie seither nicht mehr aus der Hand. Der historische Schnappschuss zeigt schon den entschlossenen Blick des schmächtigen KGB-Offiziers, hinter dem sich ein eiserner Wille und große Durchsetzungskraft zu verbergen scheinen.

Putin wendet sich im September 1989 direkt an Böhm – für einen Mitarbeiter des KGB-Verbindungsoffiziers eher ungewöhnlich. Die genaue Rolle des späteren russischen Präsidenten in der DDR ist unklar
Putin wendet sich im September 1989 direkt an Böhm – für einen Mitarbeiter des KGB-Verbindungsoffiziers eher ungewöhnlich. Die genaue Rolle des späteren russischen Präsidenten in d...er DDR ist unklar
Quelle: BStU

Darauf deuten weitere Unterlagen aus der Dresdner BStU-Filiale hin. So wandte sich Putin am 7. September 1989, einen Monat vor dem Zusammenbruch des SED-Regimes, direkt an Stasi-Chef Böhm mit einer dienstlichen Bitte. „Irrtümlicherweise“ sei im März 1989 einem „Führungs-IM“ des KGB in Dresden der Telefonanschluss abgeschaltet worden. Putin, inzwischen Oberstleutnant, also deutlich weniger als Generalmajor Böhm, forderte selbstbewusst „wirksame Unterstützung“. Manche schließen daraus, dass der Offizier aus St. Petersburg in Wirklichkeit eine bedeutend wichtigere Stellung hatte, als sein Rang und seine offizielle Funktion – „Mitarbeiter des Verbindungsoffiziers“ – auf den ersten Blick erkennen lassen.

Die Ehrennadel der DSF war auch nicht die einzige Auszeichnung, die Putin in der DDR bekam. Aus „Anlass des 38. Jahrestages der Bildung des Ministeriums für Staatssicherheit“ verlieh sogar Stasi-Minister Erich Mielke höchstpersönlich Putin die Verdienstmedaille der Nationalen Volksarmee in Bronze. Außer einem in den Akten geschwärzten Oberfähnrich war Putin der rangniedrigste der 20 geehrten KGB- und GRU-Angehörigen; bislang sind keine Unterlagen gefunden worden, die erklären würden, warum der Oberfähnrich den Orden erhielt.

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Die bisher bekannten Stasi-Akten offenbaren nur in Umrissen, was Putin genau in Dresden getan hat. Investigative Reporter des Recherchebüros Correctiv haben Ende Juli einige Einblicke in „Putins frühe Jahre“ in der DDR ermöglicht, gestützt auf Zeitzeugen. Nach ihrer Darstellung sieht es aus, als habe der heutige russische Präsident sein eigenes Agentennetz geführt. Dazu soll auch der Rechtsextremist Rainer Sonntag gehört haben, der 1987 als „arbeitsscheuer Dissident“ nach Westdeutschland abgeschoben wurde.

Handfeste Belege für diese Behauptung und über die genaue Tätigkeit von Wladimir Wladimirowitsch Putin in der DDR dürften sich nur noch schwerlich finden lassen. Offenbar war das Wirken von Putin in Dresden gut getarnt. Auf ehemals sowjetischer, heute russischer Seite dürften die ohnehin nicht zugänglichen Archive längst gesäubert sein.

Vermutlich aber haben seine Gesprächspartner bei der Stasi geahnt, dass Putin auf der Karriereleiter noch einige Stufen erklimmen könnte. Denn klugerweise gratuliert man nicht nur guten Freunden zum Geburtstag, sondern auch einflussreichen Leuten.

Mitarbeit: Uwe Müller

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