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Geschichte Der Weg in den Krieg

Die britische Flotte wird in Bereitschaft gesetzt

28. Juli 1914: Während Großbritanniens Spitzenpolitiker noch über den richtigen Kurs streiten, setzt Winston Churchill als Erster Lord der Admiralität ein deutliches Zeichen.
Leitender Redakteur Geschichte
Mit ihren Neubauten „Iron-Duke“ ist die britische Flotte allen anderen Marinen Europas überlegen, auch der deutschen Hochseeflotte Mit ihren Neubauten „Iron-Duke“ ist die britische Flotte allen anderen Marinen Europas überlegen, auch der deutschen Hochseeflotte
Mit ihren Neubauten „Iron-Duke“ ist die britische Flotte allen anderen Marinen Europas überlegen, auch der deutschen Hochseeflotte
Quelle: Public Domain; Montage Stefan Eisenberg

Die Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand und seiner Frau am 28. Juni 1914 in Sarajevo setzte hektische politische Aktivitäten in Gang. Sie sind unter dem Begriff „Juli-Krise“ in die Geschichte eingegangen. Dass am Ende der Ausbruch eines Weltkrieges stehen würde, war keineswegs ausgemacht. Politiker und Diplomaten suchten nach Lösungen für eine ganze Reihe von Konflikten, deren Tragweiten und Verflechtungen sie kaum zu überblicken vermochten.

Als „Schlafwandler“ beschreibt der australische Historiker Christopher Clark die Akteure von 1914: von Albträumen geplagt, aber unfähig, die Realität der Gräuel zu erkennen, die sie in Kürze in die Welt setzen würden. Damit hat er eine neue Debatte über die Ursachen des Kriegsausbruchs angestoßen. Andere finden den Begriff „Zocker“ treffender. Zahlreiche Bücher, Ausstellungen und Tagungen treiben das Thema weiter. Lesen Sie auf welt.de/themen/juli-krise, wie im Sommer 1914 die Chance auf Frieden vertan wurde und wann die Entscheidung zum Krieg fiel.

Das Telegramm an die Home Fleet

Wer einen Trumpf hat, muss damit sorgfältig umgehen: Man darf ihn nicht zu früh ausspielen, andererseits aber auch nicht zu lange warten, wenn es darauf ankommt. Das gilt besonders, wenn es in dem Spiel um Krieg und Frieden geht.

Der stärkste Machtfaktor in Europa Ende Juli 1914 war die Home Fleet der Royal Navy. Mit 24 modernen Großkampfschiffen, darunter den mächtigen Neubauten der „Iron-Duke“-Klasse, fast zwei Dutzend Kreuzern und 42 Zerstörern bildete sie mehr als die Hälfte und damit den Kern der weltweit eingesetzten britischen Marine. Zugleich war sie der gesamten deutschen Hochseeflotte mit ihren 18 modernen Großkampfschiffen, 15 Kreuzern und 33 Zerstörer deutlich überlegen.

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Allerdings nur, wenn sie sich nicht verzettelte. Deshalb hatte der Zivilist Winston Churchill, als Erster Lord der Admiralität faktisch Marineminister und politischer Vorgesetzter der Royal Navy, die Flottenbefehlshaber mit privaten Telegrammen gewarnt: Ein Krieg zwischen dem Dreibund und der Entente sei möglich.

Also waren die Admiräle nicht überrascht, als sie ein Tag später, am 28. Juli 1914 genau um 17 Uhr, ein offizieller Befehl erreichte: Alle Schiffe sollten bis auf Weiteres in Bereitschaft im Hafen bleiben. Alle Übungsfahrten und Besuche waren mit sofortiger Wirkung abgesagt, Einheiten auf See sollten sofort in ihre Heimathäfen zurückkehren.

Die Runde im United Service Club

Natürlich sickerte durch, dass die Home Fleet sich auf einen möglichen Konflikt vorbereitete. Vermutlich war genau das auch beabsichtigt – denn Churchill wollte so mit den Mitteln der Kriegsmarine ein politisches Signal aussenden: Großbritannien war entschlossen, mit allen Mittel einen europäischen Krieg zu verhindern – auch mit einer militärischen Drohung.

Am selben Abend traf sich die Spitze der Royal Navy zu einem Dinner im United Service Club, dem nobelsten Offiziersklub in London. Anwesend waren neben Admiral John Jellicoe, dem Befehlshaber der Home Fleet, und Winston Churchill auch Feldmarschall Herbert Kitchener, der starke Mann des britischen Heeres, und Gastgeber John Morley, als Lord President of the Council einer der ranghöchsten Politiker des Empire.

Morley war stets der wichtigste Skeptiker gegenüber einer allzu starken Bindung Großbritanniens an Frankreich und Russland gewesen. Er sah die Rolle des Empire eher in der Welt als in Europa. Keinesfalls wollte er sein Land in seine Situation bringen, in der man zum Helfershelfer französischer Revanchegelüste werden könnte.

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Was genau an diesem Abend besprochen wurde, erinnerten die Teilnehmer unterschiedlich. Laut Churchill war man sich einig, mit dem politischen Drohmittel der Royal Navy die britische Entschlossenheit zu unterstreichen, einen europäischen Konflikt vermeiden zu wollen.

London hält sich alle Optionen offen

Andererseits hatte das Kabinett in London sich kurz zuvor nicht auf klare Drohungen gegen Österreich-Ungarn und Deutschland einigen können. Morley versuchte deshalb, ausgerechnet seine Kritiker Kitchener und Churchill für seinen Kurs gegen den interventionswilligen Außenminister Edward Grey zu gewinnen.

Jellicoe schließlich erinnert sich später nur daran, es habe an diesem Abend keinerlei Hinweise auf die bevorstehende Eskalation gegeben. Das war mit Sicherheit falsch, denn auch an ihn war Churchills Telegramm mit der Kriegswarnung gegangen.

Jedenfalls war sich die Spitze der britischen Politik an jenem Dienstagabend alles andere als einig, wie man in der rapide fortschreitenden Krise reagieren sollte. Da war es nur vernünftig, sich alle Optionen offenzuhalten – und die Home Fleet in Bereitschaft.

Die Juli-Krise Tag für Tag auf welt.de/themen/juli-krise

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