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Geschichte Kalter Krieg

Der mysteriöse Abschuss eines US-Jets über der DDR

Im Winter 1964 drang ein US-Jet in den Luftraum über der DDR ein, kurz darauf wurde er abgeschossen, die drei Piloten starben. Bis heute ist unklar: War es Spionage oder eine technische Havarie?

Es war der letzte Dienstag im Januar 1964, als eine Maschine der US-Luftwaffe von der Wiesbaden Air Force Base zu einem Trainingsflug abhob. An Bord waren drei Piloten, zwei Captains unter dem Kommando von Lieutenant Colonel Gerald K. Hannaford, allesamt erfahrene Offiziere. Rund eine Stunde nach dem Start drang das Flugzeug bei Mühlhausen in Thüringen in den Luftraum der DDR ein. Kurz darauf wurde es von zwei sowjetischen Jagdfliegern abgeschossen. Alle drei Besatzungsmitglieder starben.

Wenn sich am Sonntag Einwohner von Vogelsberg (Kreis Sömmerda) zusammen mit Angehörigen der Opfer zu einer Gedenkfeier versammeln, werden die wenigen Zeugen noch einmal ihre Geschichte erzählen. Antworten auf die vielen offenen Fragen haben sie immer noch nicht. War es eine Spionage-Aktion, eine technische Havarie, die die US-Maschine auf den falschen Kurs führte, oder wollten die Sowjets ein Exempel statuieren? Ob die Vertreter des US-Stützpunktes Ramstein, die ebenfalls in Vogelsberg erwartet werden, neue Fakten liefern, darf bezweifelt werden.

Manfred Grosch gehörte zu jenen, die den Abschuss damals miterlebt haben. Seitdem hat er sich intensiv mit dem Vorfall beschäftigt. „Die Piloten reagierten weder auf Funksprüche von amerikanischer oder sowjetischer Seite, noch auf die Signale der russischen Piloten“, sagt Grosch. Auch Warnschüsse seien erfolglos geblieben. „Schließlich eröffneten die MIGs das Feuer.“

Möglicherweise war das Funkgerät defekt

Grosch sah, wie der Flieger aus den Wolken getrudelt und am „Bonifatiushügel“ bei Vogelsberg zerschellte. Mit einigen Bekannten sei er noch vor der Polizei am Unfallort gewesen, habe die verkohlten Überreste der Piloten und die brennenden Flugzeugteile gesehen, erinnert er sich. Nach einiger Zeit hätten Soldaten der Sowjetarmee die Absturzstelle dann weitläufig abgeriegelt.

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„Die Piloten sollten einen Trainingsflug unternehmen, ein Flug Richtung Berlin oder Ostdeutschland war nicht geplant“, zitiert Lieutenant Colonel a.D. Montgomery Hand vom US-Militärstützpunkt Ramstein die offizielle Version der Air Force. 90 Kilometer drangen sie mit ihrem zweistrahligen Jet, einem unbewaffneten Trainer vom Typ T-39 Sabreliner, in den DDR-Luftraum ein.

Umgehend schlossen zwei Jagdflugzeuge vom Typ MIG-19 zu der US-Maschine auf und flankierten sie. Seit 1955 war die MIG-19 bei den sowjetischen Luftstreitkräften im Einsatz und wurde Anfang der 1960er-Jahre zunehmend durch die neue MIG-21 ersetzt. Im Luftkampf waren sie der amerikanischen T-39 aber auf jeden Fall überlegen. Gleichwohl negierten deren Piloten die Signale der russischen Maschinen und reagierten offenbar auch nicht auf Funksprüche.

„Niemand weiß, warum die Piloten so gehandelt haben“, sagt Hand. Deshalb könne allenfalls darüber spekuliert werden, ob die Piloten aufgrund von Sauerstoffmangel oder giftigen Gasen die Orientierung verloren. Bis heute ist zudem unklar, ob ein Flugschreiber an Bord war, der den Absturz überstand und mehr Licht ins Dunkel bringen könnte. Möglicherweise war das Funkgerät defekt.

Ein weiteres Flugzeug wurde abgeschossen

1964, auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges, sah man das nicht so gelassen. Beobachter gingen umgehend von einer Spionage-Aktion aus. Nach der Untersuchung des Wracks und seiner Umgebung übergaben die sowjetischen Militärbehörden die Leichen und größere Trümmerstücke der amerikanischen Militärmission in Berlin.

Beide Seiten gaben zu Protokoll, dass weder Fotomaterial noch Waffen an Bord gewesen seien. „Vielleicht hatten die Piloten tatsächlich nur Pech“, sagt Hobby-Forscher Grosch.

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Nur im West-Fernsehen wurde der Zwischenfall am Abend in den Nachrichten erwähnt. Von amerikanischer Seite wurde offiziell Protest gegen den Abschuss eingelegt. Die offizielle Trauerfeier fand in Wiesbaden statt, anschließend fand der kommandierende Offizier Hannaford auf dem Nationalfriedhof Arlington seine letzte Ruhestätte.

1998 wurde nahe der Absturzstelle ein Gedenkstein mit den Namen der getöteten Offiziere enthüllt. Initiiert wurde er vom Freundeskreis Fliegerdenkmal, ein Zusammenschluss von Zeitzeugen, die sich mit der Aufarbeitung der Ereignisse beschäftigen.

Der Abschuss der T-39 war übrigens kein Einzelfall. Nur wenige Wochen später, am 10. März 1964, drang ein US-Aufklärer vom Typ RB-66 von Frankreich aus in den DDR-Luftraum ein. Ein defekter Kompass soll die Ursache gewesen sein. Über Gardelegen wurde der Flieger von zwei MIG-19 abgeschossen. Die drei Besatzungsmitglieder konnten sich mit dem Fallschirm retten und wurden nach wenigen Wochen an die US-Behörden überstellt.

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