Für die Kroaten ist es keine allzu große Umstellung. Der Euro ist in ihrem Land schon seit Jahren eine Art Parallelwährung, viele rechnen bereits in der europäischen Währung. Doch am 1. Januar tritt Kroatien nun der Eurozone bei, und der Euro ersetzt damit die Kuna in sämtlichen Bereichen.
Bemerken werden die Erweiterung der Eurozone aber auch die anderen Europäer, und zwar in ihrem Alltag an den Kassen. Denn im neuen Jahr kommen damit neue Euromünzen in Umlauf, die auf der Rückseite spezifisch kroatische Designelemente aufweisen.
Diese erscheinen auf den ersten Blick rätselhaft, sie geben aber Einblick in einige weitgehend unbekannte Details der europäischen Geschichte – und sie sorgten schon vorab für Streit mit dem serbischen Nachbarn.
Relativ unspektakulär ist die Zwei-Euro-Münze: Sie zeigt die geografischen Umrisse Kroatiens. Rätselhaft dagegen dürfte für die meisten die Abbildung auf dem kroatischen Ein-Euro-Stück sein: Sie zeigt einen Marder.
Der Grund dafür ist jedoch keine besonders starke Naturverbundenheit, vielmehr bedeutet der Name der bisherigen kroatischen Währung Kuna übersetzt „Marder“ – und das hat weit in die Geschichte zurückreichende Gründe. Bis ins zwölfte Jahrhundert waren in Osteuropa Tierfelle als Währung verbreitet. Genutzt wurden Pelze von Eichhörnchen, Hermelin, aber eben auch von Mardern.
Mardermotiv auf der kroatischen Ein-Euro-Münze
Später wurde Silber ein gebräuchliches Tauschmittel, und dessen Gewicht wurde in Griwna gemessen – davon leitete die Ukraine den Namen ihrer Währung ab. Wollte man kleinere Dinge bezahlen, wurde von dem Silber etwas abgehauen – rubit’ hieß das in den slawischen Sprachen, und daraus wurde der russische Rubel.
Die Kroaten dagegen blieben dem Marder treu, prägten ihn schon im 13. Jahrhundert auf eine Silbermünze namens Banovac. Zur Zeit des Ustascha-Regimes zwischen 1941 und 1945 wurde dann erstmals die eigene Währung nach dem Marder benannt, und auch nach der Unabhängigkeit 1991 und dem anschließenden Verfall des kroatischen Dinar wurde 1994 wieder die Kuna eingeführt. In dem Mardermotiv auf der Ein-Euro-Münze lebt sie nun indirekt weiter.
Historisch noch weiter zurück geht das Motiv auf den Kupfermünzen zu fünf, zwei und einem Cent. Denn darauf sind die Buchstaben H und R zu sehen, ineinander verschlungen – allerdings in glagolithischer Schrift.
Diese war im 9. Jahrhundert von dem griechischen Mönch Konstantin von Saloniki, später Kyrill genannt, für die Missionierung der Slawen entwickelt worden. Später wurde sie von einer Schrift abgelöst, die Kyrillisch genannt wurde und bis heute für die Sprachen mit christlich-orthodoxen Sprechern benutzt wird.
Die Völker mit katholischer Mehrheit gingen dagegen zu lateinischen Buchstaben über – nur unter den Kroaten hielt sich das Glagolithische noch lange, zumindest in Nischen wie beispielsweise für liturgische Texte. Im 19. Jahrhundert wurde die Schrift zu einem Nationalsymbol, mit dem sich die Kroaten sowohl gegenüber dem Westen als auch gegenüber den orthodoxen Serben abgrenzten.
Nikola Tesla auf kroatischen Cent-Münzen
Die Beziehung zu den Serben tangiert schließlich auch das vierte Motiv des kroatischen Münzdesigns, das auf den Euro-Stücken zu 50, 20 und zehn Cent zu sehen ist. Denn darauf ist der Erfinder Nikola Tesla abgebildet – und das hatte schon bei der Ankündigung heftigen Protest auf serbischer Seite ausgelöst.
Denn Tesla wurde 1856 in dem Dorf Smiljan geboren, das zwar heute zu Kroatien gehört. Seine Eltern waren jedoch Serben, sein Vater sogar orthodoxer Pope. Daher betrachten die Serben ihn als einen der ihren, und sie bilden ihn schon seit vielen Jahren auf dem serbischen 100-Dinar-Schein ab.
Bei einer Online-Abstimmung in Kroatien über die Motive auf den Euro-Münzen hatte Tesla jedoch mit knapp 23 Prozent die mit Abstand meisten Stimmen bekommen. Mit neun Prozent folgte auf Platz zwei die Krawatte, deren kroatische Herkunft unstrittig ist, wie schon der Name belegt. Gegen ein Krawattenmotiv hätte daher auch kein Serbe etwas gehabt.
Bei Tesla jedoch sprachen einige Serben von „kultureller Aneignung“. Kroatiens Ministerpräsident Andrej Plenković konterte aber damals schon, sie sollten doch glücklich sein, dass ein Serbe auf den kroatischen Euro-Münzen zu sehen sei, das zeuge ja letztlich von der Offenheit Kroatiens.
Zudem lebte Tesla die meiste Zeit in den USA, wurde amerikanischer Staatsbürger und sein Heimatort gehörte zur Zeit seiner Geburt zum Habsburgerreich – letztlich war er also ein Weltbürger, jemand, der mit Nationalismen wenig anfangen konnte. Und insofern ist er ein gut gewähltes Motiv für eine Euro-Münze.
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