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Meinung Wirkungslose Sanktionen

Die Russen rebellieren nicht, nur weil ihnen Nescafé und Heineken fehlen

Redakteur Wirtschaft & Innovation
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EIne Gucci-Boutique in Moskau
Quelle: picture alliance/dpa/SOPA Images via ZUMA Press Wire/Alexander Sayganov
Die russische Propaganda wird ausgerechnet durch eine neue Daten-Plattform im Auftrag des Habeck-Ministeriums gestützt. Sie zeigt: Die westlichen Sanktionen verpuffen bislang. Dennoch gibt es gute Gründe, daran festzuhalten.
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Die Video-App TikTok ist voll von Bildern von jungen Russen, die aus ihrem Leben berichten. Frisch renovierte Wohnblocks mit Kindergärten, volle Supermärkte und belebte Straßen entwerfen ein Bild komfortabler Normalität.

Gerne zeigen die Influencer, wie einheimische Unternehmen McDonald’s und Coca-Cola durch mindestens gleichwertige Angebote ersetzt haben. Die unterschwellige Botschaft der Propaganda-Videos: Westliche Sanktionen können Russland nichts anhaben.

Ausgerechnet eine vom Bundeswirtschaftsministerium finanzierte Plattform mehrerer Wirtschaftsforschungsinstitute stützt diese Botschaft jetzt mit Daten. Sie belegt, wie die russische Wirtschaft mitten im Ukraine-Krieg boomt.

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Zwar haben China, Indien und die Türkei den wegfallenden Außenhandel mit Europa nicht ganz kompensiert, doch die steigende Inlandsnachfrage führt zu einem wahren Jobwunder. Das aufrüstungsgetriebene Wirtschaftswachstum und die niedrige Staatsverschuldung könnten die Bundesregierung neidisch machen.

Die europäische Hoffnung aus dem ersten Tagen nach dem Überfall auf das Nachbarland, Russland mit Wirtschaftssanktionen schnell zur Umkehr zu zwingen, hat sich nicht erfüllt. Die russischen Bürger rebellieren nicht, nur weil ihnen Nescafé und Heineken fehlen. Der Zahlungsverkehr und die Banken sind nicht zusammengebrochen. Der russische Staat kann Renten, Sold und Sozialleistungen locker zahlen.

Das zeigt: In einer multipolaren Welt hat der Westen an globaler Wirtschaftsmacht verloren. Russland findet neue Handelspartner – auch für Öl und Gas, die Devisenbringer. Anders als andere Schurken-Staaten hat das Land eine historisch gewachsene vollwertige Rüstungsindustrie.

Und es ist Putin sogar gelungen, die schwankende Ordnung zu stabilisieren und Widersacher wie den Söldnerführer Jewgeni Prigoschin auszuschalten.

Die Sanktionen verpuffen. Dennoch kann der Westen die Strafmaßnahmen nicht aufgeben. Es wäre grotesk, einerseits mit Russland in großem Stil Handel zu betreiben, andererseits Waffen in die Ukraine zu schicken.

Zudem kann der Westen drauf hoffen, dass sich Russland langfristig durch die Abkehr vom Westen schadet: Der nötige Austausch von Wissenschaftlern, Ideen und Projekten liegt brach. Nicht zuletzt ist die schrittweise Aufhebung von Sanktionen eine Währung in möglichen Friedensverhandlungen.

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In einem täuscht sich die russische Tiktok-Propaganda in jedem Fall: Russland ist derzeit kein Land wie jedes andere. Präsident Wladimir Putin schickt die Bürger in einen verbrecherischen Krieg, in dem er hohe Verluste in Kauf nimmt. Nicht der Westen isoliert Russland, sondern der Präsident sein eigenes Land.

Der Westen war nicht auf den Ukraine-Krieg vorbereitet

Ermöglicht hat das allerdings der Westen, der mit seinen Gaskäufen Russlands Kriegskasse gefüllt hat. Während Putin sein Land seit Jahren auf diesen Konflikt vorbereitet hat, ist der Westen unvorbereitet in den Konflikt gestolpert. Das rächt sich.

Die neue Datenplattform legt das kurzfristige Versagen der Sanktionen offen. Das ist schmerzhaft, aber vielleicht gerade deshalb wirkungsvoll. Denn Transparenz statt Propaganda unterscheidet den Westen von Russland.

Dessen potemkische Dörfer sind – das zeigt die russische Geschichte – von kurzer Lebensdauer. Leider glauben die Moskauer Herrscher nur zu gerne an diese Trugbilder der eigenen Propagandisten.

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