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Meinung ARD-Wahlarena

Schlimmer kann man die EU kaum in Misskredit bringen

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dpatopbilder - 06.06.2024, Thüringen, Erfurt: Terry Reintke (l-r, Bündnis90/Die Grünen), Fabio De Masi (BSW), Daniel Caspary (CDU), Martin Schirdewan (Die Linke), Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Katarina Barley (SPD), Manfred Weber (CSU), und René Aust (AfD) stehen im Fernsehstudio bei der Wahlarena der ARD zur Europawahl. Es ist eine Live-Sendung mit Zuschauerfragen an die Spitzenkandidaten der Parteien. In Deutschland wird am 9. Juni gewählt. Foto: Martin Schutt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ dpatopbilder - 06.06.2024, Thüringen, Erfurt: Terry Reintke (l-r, Bündnis90/Die Grünen), Fabio De Masi (BSW), Daniel Caspary (CDU), Martin Schirdewan (Die Linke), Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Katarina Barley (SPD), Manfred Weber (CSU), und René Aust (AfD) stehen im Fernsehstudio bei der Wahlarena der ARD zur Europawahl. Es ist eine Live-Sendung mit Zuschauerfragen an die Spitzenkandidaten der Parteien. In Deutschland wird am 9. Juni gewählt. Foto: Martin Schutt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Die Spitzenkandidaten – überwiegend aus der zweiten Reihe der Politik
Quelle: dpa
Es gibt viele Wege, die europäische Einigung und die EU in Misskredit zu bringen. Einen davon hat am Donnerstag der WDR mit seiner Wahlarena beschritten. Die Sendung war ein einziges Desaster.
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Man kann es dem WDR kaum vorwerfen, dass die acht an der Diskussion beteiligten Kandidaten für das Europaparlament mit Ausnahme von Frau Strack-Zimmermann und vielleicht noch Katarina Barley einem größeren Publikum so gut wie unbekannt sind. So ist nun einmal die EU: Sie steht ganz an der Peripherie des Interesses der meisten Bürger.

Dennoch warf schon dieser Tatbestand ein bezeichnendes Licht auf die Veranstaltung: Politikerinnen der zweiten und dritten Reihe mussten so tun, als seien sie anerkannte politische Größen. Schon das machte die Debatte provinziell.

Der Titel der Sendung war bezeichnend: „Wahlarena 2024 Europa“ – Europa, das eigentliche Thema, an letzter Stelle. Viel schlimmer aber sah das „Format“ aus, das sich der WDR ausgedacht hatte – wohl in der bestenfalls naiven Hoffnung, damit besonders bürgernah und demokratisch zu sein. Er verzichtete vollständig darauf, die Veranstaltung zu strukturieren.

Stattdessen gab er dem „Volk“ das Wort. Aus dem Publikum heraus wurden wahllos Fragen gestellt. Weder die Moderatorin noch der Moderator griffen ein, um sie zu bündeln oder Abschweifungen zu unterbinden. Jeder und jede konnte reden, wie ihm oder ihr der Schnabel gewachsen war. So wunderte es nicht, dass es ständig durcheinander ging – vom Ukraine-Krieg bis zum Biodiesel.

Hier wurde nachdrücklich unter Beweis gestellt, welche Bankrotterklärung es ist, wenn Journalisten sich vollständig zurücknehmen und sich weigern, Themen zu ordnen, zu akzentuieren und nachzuhaken. Und dann so tun, als sei das eine demokratische Tugend. Moderatorin und Moderator waren menschliche Mikrofone, mehr nicht.

FDP-Spitzenkandidatin Marie-Agnes Strack-Zimmermann
FDP-Spitzenkandidatin Marie-Agnes Strack-Zimmermann
Quelle: dpa

Das fällt auch deswegen so schwer ins Gewicht, weil die Europäische Union ein besonders schwieriges Thema ist. Der Missmut über die EU ist zwar weit verbreitet, das Interesse an ihr aber gering. Auch die Kenntnisse über die EU sind nicht besonders groß. Über ihre Politik, ihre Erfolge und Misserfolge ist die Bevölkerung im Durchschnitt nicht sehr gut informiert.

Weil das unbestritten so ist, hätte die Sendung einer minutiösen journalistischen Vorbereitung bedurft, um das dröge Thema EU publikumstauglich und interessant zu machen. Da das aber unterblieb, kam es, wie es unter diesen Bedingungen kommen musste. Wieder einmal zeigte sich, dass einem zu einer Townhall-Diskussion zusammengesuchten Publikum das Hemd zumeist näher ist als der Rock.

Zielsicher erfuhren alle Themen – von Israel-Hamas über den Ukraine-Krieg bis zum Wohnungsbau – sofort oder binnen weniger Minuten eine Wendung ins Innenpolitische. Statt über die europäische Einigung und deren Erfolge wie Defizite wurde fast nur über deutsche Innenpolitik diskutiert. Und somit bestätigt, dass die EU ein Thema von minderem Interesse ist.

CSU-Spitzenkandidat Manfred Weber
CSU-Spitzenkandidat Manfred Weber
Quelle: dpa

Früher hieß es einmal im Spott über die europäische Einigung: „Hast du einen Opa, schick ihn nach Europa.“ Die WDR-Sendung hat die unerwartete Aktualität des Spruches erwiesen. Und tatsächlich sahen die acht Diskutanten, auch die Jüngeren, ein wenig wie politische Omas und Opas aus, Manfred Weber eingeschlossen.

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Der Konzeptionslosigkeit der Veranstaltung war es zu verdanken, dass keines der großen Probleme der EU angemessen erörtert, geschweige denn vertieft wurde: weder die gemeinsame Verteidigungsfähigkeit der EU noch die geplanten EU-Erweiterungen oder das innereuropäische West-Ost-Gefälle und das Verhältnis zu China oder zu den USA, wo Trump wieder vor der Tür steht.

Niemandem in der Runde gelang es, die Erfolge der EU zum Glänzen zu bringen. Niemand ging wirklich selbstkritisch mit dem Hang der EU zur Übergriffigkeit um. Und nicht zuletzt: Der Kandidat der AfD konnte ungehindert und unwidersprochen den Eindruck erwecken, seine Partei sei keineswegs EU-feindlich.

Ellen Ehni und Gunnar Breske
Ellen Ehni und Gunnar Breske
Quelle: dpa

Wem angesichts der vielen weltweiten Krisen und angesichts des Erstarkens diverser Nationalismen die EU wichtig und schützenswert erscheint, der muss sich bemühen, sie möglichst gut zu erklären, verständlich, nachvollziehbar zu machen. Sie präzise zu kritisieren. Es ginge darum, etwas abstrakt Erscheinendes zu konkretisieren. An dieser Aufgabe ist der WDR, sind die Moderatorin Ellen Ehni und der Moderator Gunnar Breske grandios gescheitert.

Statt eine ernsthafte Debatte zu ermöglichen, haben sie eine Veranstaltung zu moderieren versucht, bei der sich der Zuschauer in einen Dorfgasthof versetzt fühlen konnte. Schlimmer kann man die Europäische Union kaum in Misskredit bringen. So hat der „linke“ WDR ein „rechtes Narrativ“ glänzend bestätigt.

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