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Meinung Gastbeitrag

Wir müssen eine starke europäische Verteidigungsindustrie aufbauen

Quelle: picture alliance/dpa/Daniel Karmann, Getty Images/The Image Bank RF/Jonathan Kitchen; Montage: Infografik WELT
Europa muss aufrüsten. Dazu müssen wir eine möglichst autarke europäische Verteidigungsindustrie schaffen. Die Europäische Investitionsbank sollte ihre Kreditvergabepolitik entsprechend anpassen, schreiben die EU-Kommissare Josep Borrell und Thierry Breton in einem Gastbeitrag.
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Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine gefährdet die Sicherheit der EU. Angesichts des Krieges vor unserer Haustür, der tiefen Spaltung der Vereinigten Staaten über die weitere Unterstützung der Ukraine und der zunehmenden gefährlichen Spannungen im Nahen Osten und in vielen anderen Regionen ist es an der Zeit, dass Europa seine Sicherheit selbst in die Hand nimmt, um seine Bürger zu schützen und seine Gegner abzuschrecken.

Wir haben bereits damit begonnen, die Politik der „Friedensdividende“ – die Reduzierung der Verteidigungsausgaben und der damit verbundenen Industrieproduktion –, die nach dem Ende des Kalten Krieges lange Zeit vorherrschte, umzukehren.

Seit 2022 hat sich dieses Umdenken mit dem Beitritt Schwedens und Finnlands zur Nato, dem Eintritt Dänemarks in die europäische Verteidigungszusammenarbeit und den Entscheidungen der EU-Mitgliedstaaten, massiv in die Verteidigung zu investieren und die Ukraine militärisch zu unterstützen (28 Milliarden Euro seit Kriegsbeginn und weitere 21 Milliarden Euro für 2024 angekündigt), konkretisiert.

Die EU setzt Instrumente wie die Europäische Friedensfazilität auf innovative Weise ein, um den Waffentransfer in die Ukraine zu finanzieren, und wir haben gerade vereinbart, diese Fazilität um fünf Milliarden Euro aufzustocken. Außerdem haben wir den EU-Haushalt in beispielloser Weise mobilisiert, um gemeinsame Beschaffungen und Investitionen in die Munitionsproduktion zu unterstützen.

Aber wir müssen noch viel mehr tun und von einem Notfallmodus zu einem strukturellen, langfristigen Ansatz übergehen. Wir müssen mehr produzieren und in die Verteidigung investieren, schneller und gemeinsam als Europäer. Der Aufbau einer glaubwürdigen Verteidigungsunion wird ein wichtiges europäisches Projekt für das nächste Jahrzehnt sein.

Ein Europa der Verteidigung

Es geht nicht darum, eine europäische Armee zu schaffen. Was wir brauchen – und was wir in den kommenden Jahren erreichen wollen – ist eine engere Zusammenarbeit zwischen unseren nationalen Armeen und eine stärkere Verteidigungsindustrie in Europa. Dies wird auch dazu beitragen, einen wirksamen europäischen Pfeiler in der Nato aufzubauen. Wir müssen ein Europa der Verteidigung aufbauen, das es uns ermöglicht, gemeinsam mit unseren Verbündeten zu handeln, wenn es möglich ist, aber auch unabhängig, wenn es notwendig ist.

Im aktuellen geopolitischen Kontext haben wir keine andere Wahl: Wir müssen „verteidigungsbereit“ werden. Nicht, weil die EU Krieg führen sollte, sondern im Gegenteil, um unsere potenziellen Angreifer abzuschrecken, in der Gewissheit, dass unsere Industrie bereit ist, die Anstrengungen langfristig zu unterstützen. Das ist der Sinn der europäischen Strategie für die Verteidigungsindustrie, die wir am 5. März vorgestellt haben und die von den Staats- und Regierungschefs der EU erörtert werden wird.

Die rechtzeitige und mengenmäßige Verfügbarkeit von Verteidigungsgütern ist zu einer entscheidenden Sicherheitsfrage geworden. In den letzten zwei Jahren wurden 78 Prozent der von den EU-Mitgliedstaaten erworbenen Verteidigungsgüter außerhalb der EU beschafft.

Wie in so vielen anderen Bereichen (Rohstoffe, saubere Technologien) müssen wir in einer Welt zunehmender geopolitischer Spannungen die übermäßigen Abhängigkeiten Europas verringern. Wir sollten nicht davon ausgehen, dass Verteidigungshersteller im Ausland immer bereit sein werden, uns Ausrüstung zu dem Zeitpunkt, zu dem Preis und in dem Tempo zu verkaufen, wie wir sie brauchen.

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Wir müssen die industriellen Produktionskapazitäten in Europa erhöhen, die Lagerbestände unserer Mitgliedstaaten auffüllen, ein widerstandsfähiges europäisches Ökosystem der Verteidigungsindustrie aufbauen und ihre Lieferketten überall in Europa sichern.

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Bei der Munition haben wir dies bereits getan: Das europäische Produktionssystem kann heute mehr als eine Million Artilleriemunition pro Jahr herstellen, und mit Unterstützung des neuen Gesetzes zur Unterstützung der Munitionsproduktion (ASAP) werden wir im Jahr 2025 eine Produktionskapazität von zwei Millionen erreichen.

Wir müssen jedoch auch die breitere Landschaft der Verteidigungsfähigkeiten abdecken. Wir müssen in europäische Cyber- und Flugabwehrkapazitäten investieren, Bedrohungen aus dem Weltraum überwachen und unsere Seegebiete besser schützen – also die Bereiche, die keiner unserer Mitgliedstaaten allein sichern kann. All dies setzt jedoch voraus, dass europäische Verteidigungsgüter verfügbar sind.

Europa braucht eine Politik für die Verteidigungsindustrie, die seine Sicherheitsstrategie jetzt und in Zukunft untermauert – ohne dass wir alle vier Jahre den Atem anhalten müssen, um die Wahlergebnisse unserer Verbündeten abzuwarten. Mit Dringlichkeit und Fokus. Jenseits von Slogans und kurzfristigen Aktionen müssen wir unsere kollektiven Investitionen auf lange Sicht erheblich steigern. Ohne Tabus.

Deshalb müssen wir den Zugang unserer europäischen Verteidigungsindustrie zu Finanzmitteln aus privaten und öffentlichen Quellen verbessern. Die Europäische Investitionsbank (EIB) kann in dieser Hinsicht eine wichtige Rolle spielen, wenn sie ihre Kreditvergabepolitik entsprechend anpasst.

Wir brauchen einen umfassenden kollektiven Investitionsplan. Wir waren in der Lage, als Europäer schnell und entschlossen auf die existenzielle Covid-Krise zu reagieren, indem wir gemeinsam 750 Milliarden Euro für die Erholung und Widerstandsfähigkeit Europas mobilisiert haben.

In einer Zeit, in der unsere Sicherheit bedroht ist, brauchen wir einen langfristigen, berechenbaren und glaubwürdigen Finanzierungsplan für Investitionen in unsere Verteidigungskapazitäten und unsere Verteidigungsindustrie – notfalls auch durch eine gemeinsame Kreditaufnahme, wie sie von mehreren Staats- und Regierungschefs vorgeschlagen wurde.

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Eines ist sicher: Wie bei allen anderen großen Herausforderungen – Klimawandel, Pandemien, Migration, Energie – reicht es nicht aus, sich allein auf nationale Lösungen zu verlassen. Es ist an der Zeit, als Europäer zu denken, zu investieren und zu handeln. Wir sind zuversichtlich, dass die EU-Mitgliedstaaten den politischen Willen zeigen und sich bereit erklären werden, die notwendigen Mittel bereitzustellen, um den mutigen Sprung nach vorn zu machen, den wir brauchen, um unser Schicksal in Sachen Verteidigungsindustrie selbst in die Hand zu nehmen.

Josep Borrell ist Hoher Vertreter der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik und Vizepräsident der EU-Kommission. Thierry Breton ist EU-Kommissar für den Binnenmarkt und zuständig für die europäische Verteidigungsindustrie.

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