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Meinung Fayiz as-Sarradsch

Ich bitte die EU: Helft uns, damit Libyen keine Diktatur wird!

Ministerpräsident Fayiz as-Sarradsch fordert mehr Unterstützung im Kampf gegen General Haftar - für ein Libyen, in dem niemand mehr Angst haben muss Ministerpräsident Fayiz as-Sarradsch fordert mehr Unterstützung im Kampf gegen General Haftar - für ein Libyen, in dem niemand mehr Angst haben muss
Ministerpräsident Fayiz as-Sarradsch fordert mehr Unterstützung im Kampf gegen General Haftar - für ein Libyen, in dem niemand mehr Angst haben muss
Quelle: Infografik WELT, Montage: AFP via Getty Images, Getty Images
Ministerpräsident Fayiz as-Sarradsch fordert in einem Gastbeitrag: Die internationale Gemeinschaft muss in Libyen endlich mithelfen, die Angriffe von Milizengeneral Khalifa Haftar zu stoppen. Ausdrücklich bedankt er sich bei der Türkei.

Seit mehr als 14 Monaten werden unsere Hauptstadt und die umliegende westliche Region Libyens durch den illegalen und unmoralischen Angriff eines Schurkengenerals tyrannisiert. Während dieser Zeit haben wir all die Grausamkeiten erlebt, die ein Krieg mit sich bringt, vor allem, wenn dieser ohne die geringste Rücksicht auf allgemein ethische Grundsätze geführt wird, geschweige denn unter Einhaltung des Völkerrechts. Ein Krieg voller Verbrechen, die von einem einzelnen Mann begangen werden, dessen einziger Ehrgeiz es ist, Libyen in einen totalitären Staat und eine Diktatur zu verwandeln.

Wir haben erlebt, wie unsere staatlichen Institutionen bombardiert wurden, sogar unsere Schulen und Krankenhäuser wahllos beschossen, unsere Zivilbevölkerung bedroht und getötet, Häuser und ganze Gemeinden zerstört wurden, was zur Flucht von über 200.000 unschuldigen Menschen führte. Die Verbrecher schreckten auch vor der Bombardierung von Flüchtlingsunterkünften nicht zurück.

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Unsere Regierung wird nie nachgeben und nie erlauben, dass Libyen in eine Diktatur verwandelt wird. Unser Volk hat 2011, inspiriert von unseren Nachbarn und Verwandten während des „arabischen Frühlings“, dafür gekämpft, Libyen als demokratischen Staat neu aufzubauen.

Heute bitte ich die europäischen Länder und die Europäische Union darum, uns beim Erreichen dieses Ziels zu unterstützen. Ich bitte auch die afrikanischen Staaten und die Afrikanische Union, uns ihre Unterstützung zukommen zu lassen, damit wir Ungerechtigkeit, Ungleichheit und Diskriminierung erfolgreich bekämpfen können; uns dabei zu helfen, Teil einer gemeinsamen und integrativen demokratischen Zukunft zu sein.

Eine Zukunft, in der kein Vertreter der Politik mehr um sein Leben oder das Leben seiner Familienangehörigen bangen muss, nur weil er die Wahrheit gesagt oder seine Meinung vertreten hat; und in der es auch nicht mehr vorkommt, dass Personen, die sich gegen den Krieg und für den Frieden aussprechen, plötzlich entführt werden.

Eine Zukunft, in der man keine Angst mehr davor haben muss, ohne Grund verhaftet zu werden, in der es keine Folter mehr gibt oder Fälle von außergerichtlichen Tötungen, wie sie – wie wir wissen – von verschiedenen Mitgliedern aus Khalifa Haftars Milizen durchgeführt wurden. Aus diesem Grund und dieser Vision zuliebe stellen wir uns den Truppen von Khalifa Haftar entgegen, fest entschlossen, Tripolis zu verteidigen und die Gegenden zu befreien, die diese Truppen unter ihre Kontrolle bringen wollen.

Wir fordern diese Parteien dringend dazu auf, sich die Fakten und die Geschichte genau anzusehen und die Verbrechen dieser Milizen nicht zu ignorieren. Seine Truppen bestehen zum Großteil aus schwachen, leicht verwundbaren Einzelpersonen, einige von ihnen sind noch Kinder, andere wurden mit Geld angelockt, wieder andere auf die verschiedenste Weise manipuliert – man hat sie alle durch grenzenlose Lügen und Täuschungen beeinflusst.

Dank der von den UN eingeleiteten Bemühungen fanden sieben Verhandlungen mit Haftar statt, wie zum Beispiel in Paris, Palermo und Abu Dhabi, nach denen wir guten Mutes waren. Leider stellte es sich jedoch heraus, dass Haftar auf diese Weise nur Zeit gewinnen und eine Art Ausgangsbasis für seine persönlichen Ziele schaffen wollte. Es folgte eine neue Offensive.

Am 16. Juni 2019 habe ich offiziell unsere neue Initiative zur Lösung dieser Krise bekannt gegeben, bei der Verhandlungsvertreter aus ganz Libyen zu einem libyschen Forum zusammenkommen sollten, um dann eine politische Lösung auszuarbeiten. Diese Initiative würde damit beginnen, dass ein umfassendes und ausgewogenes Forum dazu ermächtigt wird, geeignete verfassungsgemäße Gesetze und Richtlinien auszuarbeiten, und zwar für gleichzeitige Parlaments- und Präsidentschaftswahlen.

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Ich möchte die internationale Gemeinschaft gern daran erinnern, dass diese Regierung mit Unterstützung der Vereinten Nationen gebildet und von ihr geführt und ständig beraten wurde. Da wir den Vereinten Nationen vertrauen, haben wir die Sanktionen respektiert.

Allerdings muss darauf hingewiesen werden, dass wie in UN-Sicherheitsbriefings erklärt wurde, einige Länder Haftar mehr als vier Jahre lang mit Waffen und anderen militärischen Hilfsmitteln unterstützt haben, was eine direkte Verletzung des Waffenembargos darstellt.

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Quelle: WELT

Wir können jedoch nicht akzeptieren, dass Libyen aufgrund unserer eigenen Haltung einen so hohen Preis zahlen muss, für seine Sicherheit und letztendlich auch für sein Streben nach Wohlstand. Aus diesem Grund sandten wir im Dezember 2019 offizielle Aufforderungen an die Vereinigten Staaten von Amerika, das Vereinigte Königreich, Italien, die Türkei und Algerien, unsere verschiedenen Sicherheitsvereinbarungen in die Tat umzusetzen, die seit meinem Amtsantritt vereinbart wurden.

Angesichts der Tatsache, dass die UN keine praktischen Schritte unternahmen, Haftars Angriff zu stoppen, behielten wir uns das Recht der Selbstverteidigung vor. Dabei möchte ich unsere tiefste Anerkennung und Dankbarkeit gegenüber der Türkei aussprechen, die praktische Schritte gegen den Angriff unternimmt und so mit gutem Beispiel vorangeht.

Abgesehen davon: All denjenigen, die in der Vergangenheit unser Seeabkommen mit der Türkei beanstandet haben, sei noch einmal klar gesagt, dass Libyen als souveräner Staat das Recht hat, mit jedem Land seiner Wahl Abkommen zu schließen. Vor allem, wenn sich diese Abkommen im Einklang mit dem internationalen Recht befinden.

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Quelle: WELT/ Tim Röhn und Martin Heller

Falls es Zweifel an der Gültigkeit oder Rechtmäßigkeit dieser besagten Abkommen geben sollte, so stehen entsprechende Mechanismen und internationale Gerichte zur Verfügung, die für faire Lösungen sorgen können.

Wir erfreuen uns auch einer langjährigen historischen Beziehung mit Italien und Malta und begrüßen die kontinuierliche Zusammenarbeit in allen Wirtschaftsbereichen. Wir begrüßen die gemeinsamen Anstrengungen unserer Regierungen, was die Bewältigung der Einwanderungssituation und den Beitrag zu den Einsatzmöglichkeiten unserer Küstenwache betrifft. Libyen wird es den Ländern, die seinem Volk in den härtesten Zeiten zur Seite standen, nicht vergessen; wir werden diese Länder ehren und ein starkes Fundament für unsere künftige Zusammenarbeit aufbauen.

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Schließlich sind wir, in Anbetracht der erheblichen Kriegsverbrechen, die von dem Angreifer begangen wurden, davon überzeugt, dass es die Pflicht und volle Verantwortung der internationalen Gemeinschaft ist, diejenigen, die das Waffenembargo und das internationale Menschenrecht verletzt haben, dafür zur Verantwortung zu ziehen.

Es ist an der Zeit, dass diejenigen, die so zahlreiche Gewaltakte verübten, nun auch die Konsequenzen ihrer Taten tragen müssen. In unserer Eigenschaft als legitime und international anerkannte Regierung fordern wir außerdem alle UN-Mitgliedstaaten dazu auf, unser Land im Falle weiterer Aggressionen von kriminellen Einheiten mit allen notwendigen Mitteln zu unterstützen. Wir bitten sie, uns durch weitere humanitäre Versorgung bei unserem Neubeginn und unserer Genesung zu helfen. Wir haben wir den Krieg nicht begonnen, doch wann und wo er endet, werden wir bestimmen. Und so wird, wenn Gott es will, ein demokratisches, friedliches und glückliches Libyen die Tyrannei besiegen.

Fayiz as-Sarradsch, 60, ist Architekt und stammt aus einer wohlhabenden Familie mit Verbindungen in die Politik. Im Dezember 2015 wurde er zum Ministerpräsidenten ernannt
Fayiz as-Sarradsch, 60, ist Architekt und stammt aus einer wohlhabenden Familie mit Verbindungen in die Politik. Im Dezember 2015 wurde er zum Ministerpräsidenten ernannt
Quelle: AFP via Getty Images


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