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Meinung Chemnitz und die Folgen

Es muss einen Unterschied zwischen Hass, Wut und Kritik geben

Politik fordert Aufstand der Anständigen

Mit deutlichen Worten hat Außenminister Heiko Maas die Bevölkerung aufgefordert, die Demokratie gegen Rechts zu verteidigen. In der Gesellschaft habe sich diesbezüglich eine Bequemlichkeit breit gemacht.

Quelle: WELT/Achim Unser

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Einerseits darf man die Kritiker der großzügigen Migration nicht ausgrenzen, die Politik kann aber dem Ressentiment nicht einfach nachgeben. Anstand und Vertrauen in den Rechtsstaat müssen gestärkt werden. Aber wie?

Menschenjagd, Hitlergrüße und das Aussetzen der Pressefreiheit sind furchtbar. Auf deutschen Straßen ganz besonders. Und die Antwort darauf kann nur der wehrbare Rechtsstaat sein. Er hat seine Möglichkeiten, sie müssen genutzt werden und Behörden entsprechend dafür ausgestattet sein. Es ist gut, dass unser Recht nicht zwischen Gewalt von Rechts- oder Linksextremen unterscheidet, auch wenn unser wunderbar liberales Grundgesetz die Antwort auf die abscheuliche Zeit der Nationalsozialisten ist.

Gerade wegen unserer Verfassung leben wir in einem sehr toleranten Land. Toleranz setzt das Aushalten anderer Meinungen voraus. Vor allem dann, wenn es schwierig, hitzig und brenzlig wird. Dämonisierung und Demontage von Menschen anderer Auffassungen haben dabei noch nie geholfen. Und Moralin war schon immer ein wirkungsloses Medikament. Im Gegenteil, es schadet. Es leidet darunter: die Argumentation. Es geht kaputt: das gesellschaftliche Klima.

Es ist nicht schwer, Gründe für eine großzügige Flüchtlingspolitik zu finden, es gut zu erachten, wie weltoffen sich dieses Land 2015 gezeigt hat, wie wichtig es ist, gut integrierte, arbeitende, aber dennoch vollziehbar ausreisepflichtige Menschen hier behalten zu wollen, wie wichtig das Retten von Flüchtlingen aus dem Mittelmeer ist. Und trotzdem: Es gibt Menschen, die darüber anders denken und in der Folge zu anderen Ergebnissen kommen und sich eine andere Politik wünschen.

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Diese Leute pauschal in die rechte Ecke zu schieben, als Feinde der Freiheit zu beleidigen, als Rassisten zu betiteln ist nicht nur fern ab jeglicher Argumentation, es richtet einen nachhaltigen Schaden an. Das sollten vor allem diejenigen wissen, die das bittere Scheitern der Weimarer Republik kennen, als sich zwei Lager gegenüberstanden, deren vornehmliches Ziel nie der Diskurs, sondern ausschließlich die politische Vernichtung des Andersdenkenden war.

Damit wir uns nicht falsch verstehen, Hass und Hetze richten immer Schaden an, und gerade deshalb ist konsequent dagegen vorzugehen. Wer aber den Unterschied zwischen Hass, Wut und Kritik nicht kennt, der macht sich schuldig. Denn dieses Verhalten – egal, ob von Politikern oder Journalisten – macht nicht nur Debatten unmöglich, es steigert auch die Wut derer, die sich nicht verstanden und von der aktuellen Regierungspolitik ungerecht behandelt fühlen. Menschen, die von einer Regierung erwarten, dass sie Stimmungen wahrnehmbar aufnimmt, zur Bevölkerung spricht, anstatt zu sich selbst.

Wenn einem am Ende nur noch die AfD zustimmt und alle anderen sagen, schon das Artikulieren des Problems zeuge vom falschen Gedankengut, dann treibt man Menschen erst recht in die Hände dieser demagogischen Partei mit all ihren Alt- und Neu-Nazis, Antisemiten und Rassisten in den Parlamenten. Das erzeugt nicht nur eine zunehmende Feindschaft gegenüber der Demokratie, sondern zerstört weiter Vertrauen in politische Institutionen und den Rechtsstaat. Auch dann ist es immer noch falsch, die völkisch-nationalistische AfD zu unterstützen. Sie aber in dieser Situation nicht zu unterstützen, braucht eben ein gewisses Level an Anstand und Größe. Das hat nicht jeder.

Daniel Mack ist Berater für Public Affairs und Kommunikation bei den 365 Sherpas in Berlin und früherer hessischer Landtagsabgeordneter der Grünen
Autor Daniel Mack ist Berater für Public Affairs und Kommunikation bei den 365 Sherpas in Berlin und früherer hessischer Landtagsabgeordneter der Grünen
Quelle: Daniel Mack

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