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Meinung Kolumne: Krauses Klartext

Finis Borussiae?

Kommt das Heil jetzt von Engelland? Jedenfalls sind unter britischen Historikern momentan Ansichten über Deutschland im Schwange, wie sie auch unbefangene Patrioten hierzulande nicht zu äußern wagen würden. Schon vor einigen Jahren schreckte Niall Ferguson die notorischen Selbstbezichtiger mit der These auf, eher als die Deutschen seien die Engländer am Ersten Weltkrieg schuld. Und jetzt kommt pün

Oder auch nicht. Von allen großen europäischen Nationen ist uns England sicherlich die fremdeste. Nie gab es in Deutschland eine ähnliche Schwärmerei für die Insel, nie hat sie die Fantasie deutscher Künstler und Intellektueller ähnlich entzündet, wie Frankreich oder Italien, ja sogar zuzeiten Russland, Skandinavien, Spanien dies taten. Was aber noch mehr wiegt: Vor allem gilt diese Distanz für die andere Seite. Die Kenntnislosigkeit auch gebildeter Engländer im Hinblick auf deutsche Geschichte der Politik und des Geistes ist ja geradezu beispiellos. Doch dies kann auch eine Chance sein: Wo nationale Stereotypen (zu denen ja doch sogenannte Kenntnisse nur allzu oft gerinnen) nahezu fehlen, schleichen sich weniger Voreingenommenheiten ein.

So war es geradezu rührend, bei der Berliner Buchpremiere von Clarks Studie "Preußen. Aufstieg und Niedergang 1600-1947" - natürlich in der ehemaligen Kommandantur mit der nicht zu übertreffenden Adresse Unter den Linden 1 - den Verfasser dieses gewichtigen Werkes erzählen zu hören, wie er in den achtziger Jahren "sein" Preußen entdeckte, indem er sich eine architektonische Denk- oder doch Merkwürdigkeit nach der anderen eroberte, sie aus jenem Dornröschenschlaf befreiend, in den sie im grauen Ost-Berlin gefallen waren. Auch anhand der Straßennamen erschloss sich ihm damals eine Welt, die zwar mit Fleiß von jedermann totgeheißen, aber doch in ihren Gedächtnisrelikten fast an jeder Ecke noch präsent und greifbar war.

Und es ist ja wahr: Wer auch nur mit halbwegs offenen Sinnen durch die Stadt Berlin wandert, trifft Preußisches auf Schritt und Tritt. Weder die Republik von Weimar noch das unselige Hitlerreich, weder die Nachkriegsdeutschen in Ost und West konnten in den nahezu 100 Jahren seit dem Untergang der preußischen Monarchie auch nur entfernt diese Stadt, ihre Anmutung und Lebensform, so prägen, wie es die Preußen taten - im Guten wie im Schlechten.

Und wie schwer hatte es Preußen dabei, sich unter seinen Nachfolgern zu behaupten! Hass und Häme hat es schließlich schon immer auf sich gezogen, und nach 1918 brachen sämtliche Dämme. Aber es hatte doch den einen Vorzug gegenüber allen, die nach ihm kamen: Es verfügte über eine Idee, auch wenn es nur eine Staatsidee war. Und damit war es aufgestiegen in die geistigen Kategorien. Geist lebt eben länger als Materie! Und in diesem Sinne wird Preußen immer leben.

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